Die österreichische KELAG investiert in der kosovarischen Stromwirtschaft, vernachlässigt dabei aber offenbar Natur- und Umweltschutzauflagen.
Klagenfurt/Priština. Der österreichische Energiekonzern KELAG (Kärntner Elektrizitäts-Aktiengesellschaft) weist in den vergangenen Jahren eine expansive Entwicklung und einen beachtlichen Umsatz von 1,3 Milliarden Euro (2018) auf. Nach der Teilprivatisierung – heute sind 51% der Aktien beim Land Kärnten, 35% bei der Verbund AG und 13% bei der deutschen RWE – weiteten sich die Strommarktanteile im Inland aus, sodass die KELAG inzwischen die Nummer 5 in Österreich ist (nach Verbund, Wiener Energie, EVN und Energie AG OÖ). Aber auch international wurde man vermehrt aktiv, u.a. mit Windparks in Rumänien und Bulgarien. In den Ländern Jugoslawiens setzte man insbesondere auf die Errichtung von Wasserkraftwerken, vorrangig in Bosnien-Herzegowina, aber auch in Serbien. In dessen abtrünniger Provinz Kosovo hat die KELAG-Tochter Kelkos seit 2014 drei Kraftwerke installiert, die seither zu einem gravierenden Streitpunkt wurden. Nun hat die kosovarische Regulierungsbehörde ERO die KELAG-Stromproduktion vorerst vom Netz genommen.
Kraftwerke ohne Genehmigung legen Flüsse trocken
Die drei Kelkos-Kraftwerke im Kosovo (Lumbardhi II, Deçan, Belaja) waren offenbar ohne Umweltgenehmigung errichtet und in Betrieb gesetzt worden, auch die Nachfrist von sechs Monaten nach dem Bau – ohnedies eine absurde Regelung – verstrich anscheinend ungenützt. Ob diese Wasserkraftwerke überhaupt existieren sollten, ist fraglich: Ihr Betrieb verursachte, dass die betroffenen Flüsse zu wenig Wasser führen bzw. zwischenzeitlich gar austrockneten, was nicht nur die Ökosysteme in einem Naturreservat (!) zerstört, sondern auch ein massives Problem für die einheimische Landwirtschaft ist, deren Wasserversorgung nicht mehr gewährleistet war. In Konsequenz gelang der KELAG-Tochter damit indirekt Bemerkenswertes, nämlich dass albanische und serbische Kosovaren gemeinsam gegen diese Zustände protestierten – mit Erfolg: Der ERO-Verwaltungsrat stellte fest, dass die Lizenz von Kelkos abgelaufen sei und nicht weiter Strom produziert werden dürfe. Warum dies erst jetzt geschah, ist offen: Es steht der Vorwurf im Raum, dass Behörden und Politiker des EU/NATO-Protektorats Kosovo als Teilhaber korrumpiert oder gar direkt bestochen worden seien, was selbstverständlich nicht belegt ist. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Österreichischer Imperialismus am Balkan vorherrschend
In jedem Fall aber ist die Episode exemplarisch für das Verhalten österreichischer Konzerne am Balkan, die dort zumeist ohne Rücksicht auf die Interessen der Bevölkerung nach neuen Profitmöglichkeiten streben und Menschen wie die Natur ungeniert ausbeuten. Der global zwar limitierte, aber in Ost- und Südosteuropa teilweise führende österreichische Imperialismus betrachtet Ex-Jugoslawien als seinen Hinterhof, in Bosnien sowie im mafiösen Pseudostaat Kosovo wird dies sogar durch die militärische Präsenz des Bundesheeres als maßgeblicher Teil der EU/NATO-Okkupationstruppen unterstrichen. Da man freilich beste Kontakte zur einheimischen Kompradorenbourgeoise und zu politischen Machthabern hat, gelingt die imperialistische Durchdringung des Balkans zumeist ungehindert. Auch im Falle der KELAG-Kraftwerke im Kosovo ist davon auszugehen, dass sich am Ende eine „Lösung“ finden wird, die die umweltpolitischen Störungen überwindet und den Interessen des österreichischen Monopolkapitals entspricht. In der Klagenfurter Konzernzentrale ist man jedenfalls optimistisch, dass die Produktion bald wieder fortgesetzt werden kann – zur Sicherheit hat man die kosovarischen Umweltschützer aber schon mit einer empfindlichen Klage bedacht.
Quelle: Der Standard