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Pornos statt Arbeit

Das bürgerliche Parlament, das schon länger im Verdacht steht, höchst ineffektiv für die werktätige Bevölkerung zu sein, zeigt erneut seine Überflüssigkeit. Zeugnis legt dieses Mal das britische Parlament ab.

London. Der Vorfall soll sich in den letzten Monaten im Sitzungssaal des britischen Parlaments abgespielt haben. Die Abgeordnete, die den Vorfall miterlebt hat, berichtete ihren Kolleginnen und Kollegen darüber bei einer aufgeladenen Sitzung der Tory-Abgeordneten in Westminster am Dienstagabend. 

Ein Abgeordneter der Konservativen hat wohl während einer Parlamentssitzung seine Gedanken zu weit schweifen lassen. Von der Sitzung gelangweilt, spielte er auf seinem Handy mehr oder weniger klammheimlich ein Pornovideo ab – sehr zum Erstaunen (und Ekel) seiner Kabinettskollegin, die neben ihm saß und den Vorfall miterlebte. Der Name des Abgeordneten ist noch nicht publikgemacht worden, es handelt sich dabei jedoch um ein Regierungsmitglied.

Konservative und Pornographie

Der Umgang von Konservativen im Allgemeinen mit Pornographie ist in der Tat ein heikles, widersprüchliches Thema. Einerseits wird nach außen hin ein sauberes Image gepflegt, bei dem die Familie einen hohen Stellenwert einnimmt und die Frau sich ausschließlich um Reproduktionsarbeit kümmert und zu kümmern hat. Ausschweifendes Sexualleben und Nacktheit überhaupt gehören nicht unbedingt in den konservativen, christlich geprägten Wertekanon. Andererseits passt Pornographie wiederum ganz gut ins konservative Weltverständnis, wird dort doch (in den allermeisten Fällen) ein Bild der Frau als Sexualobjekt vermittelt, das sich dem Willen des Mannes zu fügen hat, und das aus den Klassengesellschaften herrührende Rollenverständnis wird hierin reflektiert und perpetuiert. Wie bei Schrödingers Katze könnte man sich also nie ganz gewiss sein, ob ein Konservativer in einer Schachtel gefangen auf sein Handy zurückgreifen würde oder nicht.

Nun könnte man den Bogen weiter spannen und den Vorfall relativieren. Dem Volk kann es einerlei sein, ob sich ein Parlamentarier während einer Sitzung aus Langeweile oder Bedürfnis Pornovideos ansieht oder Katzenvideos – Fakt ist, dass in diesem Moment offensichtlich wird, wie das Geld der Steuerzahlerin und des Steuerzahlers aus dem Fenster geworfen wird für Abgeordnete eines Parlaments, das sie schon lange nicht mehr vertritt. Diese Menschen werden dafür bezahlt, vor der Kamera gut auszusehen und sich dann und wann ins Parlament zusammenzusetzen, und sie werden besser bezahlt als jeder x‑beliebige Angestellte und jede x‑beliebige Arbeiterin in Großbritannien, die Tag für Tag ohne Perspektive auf bessere Zeiten schuften müssen. Man könnte den Vorfall relativieren, wenn da nicht dieser blöde Sexismusvorwurf wäre, der erhoben wird, wenn statt der Katzenvideos oder anderer Ablenkungen Frauen in Videos ausgebeutet werden.

Ein Skandal jagt den anderen

Mit der Pornoaktion des nicht näher definierten Abgeordneten reiht sich ein weiteres Kettenglied in eine ganze Reihe von kleineren Skandalen in der Sexismus-Debatte des britischen Parlaments ein. Neben dem gegen Premierminister Johnson erhobenen Vorwurf, abgelenkt zu sein, wenn Angela Rayner ihre Beine überschlägt, und dem gleichzeitigen Vorwurf an Angela Rayner, ihre Beine zu überschlagen, um Johnson abzulenken, kam an die Öffentlichkeit, dass 56 Abgeordnete, darunter drei Regierungsminister, mit Vorwürfen sexuellen Fehlverhaltens konfrontiert sind, nachdem sie bei der unabhängigen Beschwerdestelle des Parlaments angezeigt wurden. Mehrere weibliche Abgeordnete klagen offen darüber, dass sie vor und nach Sitzungen sexistischen Bemerkungen ihrer Kollegen über ihr Aussehen und ihre Kleidung ausgesetzt sind. 

Der parlamentarische Geschäftsführer der Tory-Partei, Chris Heaton-Harris, kündigte nun eine Untersuchung zu dem „völlig inakzeptablen“ Verhalten an. Viele Abgeordnete forderten ihn auf, den Beschuldigten aus der Fraktion auszuschließen. Auch Johnson gab sich korrekt und führte sexuelles Fehlverhalten als Entlassungsgrund an, da Frauenfeindlichkeit keinen Platz im Parlament hätte. 

Natürlich scheint der Rauswurf des beschuldigten Parlamentariers, also eines Menschen mit indiskutabler Vorbildfunktion, eine richtige Maßnahme zu sein – trotzdem ist und bleibt Sexismus, frauenfeindliches Verhalten und die Ausbeutung der Frau ein systemimmanentes Problem, das sich durch individuelle Entlassungen nicht lösen lassen wird. Die Ausbeutung der Frau hängt eng mit dem Kapitalismus und im weiteren Sinne mit allen Klassengesellschaften zusammen. Die Befreiung der Frau ist nur im Sozialismus-Kommunismus möglich, genauso wie die Einsetzung eines Parlaments, das seine Arbeit macht und sich nicht seine Zeit mit Pornovideos (auf Kosten der arbeitenden Bevölkerung) vertrödelt. 

Quelle: Mirror/ORF

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