Der südkoreanische Präsident Li Jae-myung ist gestern im Weißen Haus mit US-Präsident Donald Trump zusammengetroffen. Im Zentrum der Gespräche standen die wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Beziehungen zwischen beiden Ländern – vor dem Hintergrund des wachsenden geopolitischen Wettbewerbs zwischen den USA und China.
Das Treffen erfolgte knapp einen Monat nach der Ankündigung einer umfassenden Handelsvereinbarung. Südkorea will in den kommenden Jahren massiv in den USA investieren – Trump sprach zuletzt von rund 350 Milliarden US-Dollar. Im Gegenzug sollen die US-Zölle auf südkoreanische Einfuhren auf 15 Prozent begrenzt werden. Begleitet wurde Li von Spitzenvertretern großer Konzerne wie Samsung, SK Hynix, LG Energy Solution und Hyundai.
Streitpunkt Militärbasen
Neben den Handelsfragen rückte auch die Militärpräsenz der USA auf der koreanischen Halbinsel in den Mittelpunkt. Die USA stationieren derzeit rund 28.000 Soldaten in Südkorea. Trump forderte von Seoul eine höhere Kostenbeteiligung und eine Steigerung der Militärausgaben. Zudem sprach Trump sogar die Möglichkeit an, dass das Land auf dem sich die Militärbasen befinden in die Hände der USA übergehen könnte.
„Wir haben viel Geld in eine Basis investiert, es gab auch Beiträge Südkoreas, aber ich möchte sehen, ob wir die Pacht ablösen und Eigentümer des Geländes werden können“, erklärte der US-Präsident.
Vorbesuch in Tokio, Gespräch mit Japan
Zuvor war Li in Tokio mit Japans Premierminister Shigeru Ishiba zusammengetroffen. Ishiba betonte die wachsende Bedeutung der Kooperation zwischen Japan und Südkorea – insbesondere in der Zusammenarbeit mit den USA angesichts der angespannten Sicherheitslage in der Region.
Nordkorea-Frage weiter offen
Auch die Lage auf der koreanischen Halbinsel spielte in Washington eine Rolle. Trump kündigte an, „irgendwann“ erneut den nordkoreanischen Machthaber Kim Jong Un zu treffen. Während seiner ersten Amtszeit hatte es bereits mehrere Gipfeltreffen zwischen beiden gegeben, konkrete Fortschritte in den Beziehungen zwischen Seoul und Pjöngjang blieben allerdings aus.
Brisante Trump-Äußerungen
Für Aufmerksamkeit sorgte zudem ein Social-Media-Beitrag Trumps kurz vor dem Treffen. Darin stellte er die jüngsten Entwicklungen in Südkorea als mögliche „Säuberung oder Revolution“ dar und erklärte, unter solchen Umständen sei „kein normaler Handel möglich“. Hintergrund sind laufende Ermittlungen gegen frühere Vertraute des Ex-Präsidenten Yoon Suk-yeol, die unter anderem in Militär- und Kircheneinrichtungen tätig waren im Zusammenhang mit dem Putsch Versuch des Ex-Präsidenten.
Li, der am 4. Juni die Präsidentschaftswahlen für die Demokratische Partei gewonnen hatte, gilt als Befürworter einer pragmatischeren Haltung gegenüber China und will mehr Spielraum in den Verhandlungen mit Washington.
Signal nach Peking
Parallel zu Lis Besuch in den USA reiste ein Sondergesandter nach Peking, wo er Chinas Chefdiplomat Wang Yi eine persönliche Botschaft überbrachte. Darin warb Seoul für eine „Normalisierung“ der zuletzt angespannten Beziehungen. Zudem lud Li den chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping offiziell zum APEC-Gipfel im Oktober nach Südkorea ein.
Wang Yi lobte die Initiative und betonte, Peking schätze die Signale für eine Stärkung der bilateralen Zusammenarbeit. Die Regierung in Seoul erklärte, man wolle die „strategische Partnerschaft mit China im nationalen Interesse vertiefen“, gleichzeitig aber die sicherheitspolitische Allianz mit den USA fortführen.
Quelle: 902.gr