Während Konzerne Rekordprofite feiern und die Rüstungsbudgets weltweit explodieren, wird an einer anderen Front gespart: dem nackten Überleben von Millionen. Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR schlägt Alarm: Bis zu 11,6 Millionen Menschen könnten bald keinen Zugang mehr zu humanitärer Hilfe haben. Das sei etwa ein Drittel aller Flüchtlinge, die das UNHCR normalerweise betreue. Der Grund? „Unsere Finanzierungssituation ist dramatisch“, sagt Dominique Hyde, UNHCR-Direktorin für Außenbeziehungen. Nur ein Viertel des diesjährigen Bedarfs von 10,6 Milliarden Dollar sei gedeckt.
Doch warum diese Kürzungen? Ganz einfach: Die sogenannte „entwickelte Welt“ spart, wenn es um Entwicklungshilfe geht. USA, Schweden, Frankreich, Japan – sie alle kürzen. Dafür fließt das Geld eben anderswohin: in Subventionen für Großunternehmen, Steuererleichterungen für Reiche und in Waffen für den nächsten Stellvertreterkrieg. Der Effekt? „Ein tödlicher Cocktail“, wie es der neue UNHCR-Bericht formuliert – zusammengesetzt aus explodierender Vertreibung und implodierender Hilfe.
Frauen zahlen den Preis – nicht die Verursacher
Am härtesten trifft es, wie immer, Frauen und Mädchen. In Afghanistan zum Beispiel wurden Schutzprogramme um über 50 Prozent gestrichen – also genau jene Initiativen, die Frauen vor Gewalt schützen oder psychische Hilfe leisten sollten. Das System hat Prioritäten: Banken werden gerettet, nicht Betroffene sexualisierter Gewalt.
Uganda: Hunger statt Hilfe
Handicap International meldete am Dienstag, dass in Uganda rund 35 Prozent der Menschen mit Behinderung in Flüchtlingslagern keine Nahrungsmittelhilfe mehr bekommen. Es handelt sich dabei nicht um „Einzelfälle“, sondern um Zehntausende, die aus Konfliktregionen wie dem Südsudan oder Kongo geflohen sind. Seit Mai 2025 sei auch das Welternährungsprogramm (WFP) unterfinanziert. Doch das stört in den westlichen Hauptstädten offenbar niemanden – denn Hunger lässt sich bekanntlich schlecht monetarisieren.
Der Rückfall in die 2000er
Auch im globalen Kampf gegen Aids droht der Rückfall in eine längst überwunden geglaubte Ära. Das UNO-Aids-Programm UNAIDS warnt, dass durch die US-Kürzungen beim Anti-Aids-Programm PEPFAR ein Rückschritt um 20 Jahre droht. Die Zahl der Todesfälle ist zwar seit 2010 halbiert worden, aber: „Wir sind besorgt über die plötzliche Aussetzung der Hilfen“, so UNAIDS-Chefin Winnie Byanyima. Man sei auf dem Weg gewesen, Aids zu einer chronischen Erkrankung zu machen – jetzt droht ein humanitärer Super-GAU. Laut UNAIDS könnten durch den Wegfall von PEPFAR mehr als 6 Millionen Neuinfektionen und 4,2 Millionen Tote binnen vier Jahren folgen. Das entspricht der Bevölkerung von Norwegen.
Prioritätensetzung im Kapitalismus
Was wir hier sehen, ist nicht einfach ein „Sparprogramm“. Es ist der blanke Zynismus eines Systems, das die Bedürfnisse der Ärmsten kürzt, während es die Exzesse der Reichsten weiter finanziert. Milliarden werden für Militär, Banken und Konzernförderung mobilisiert – aber wenn Millionen Kinder auf Nahrungsmittelhilfe warten, heißt es plötzlich: Es ist kein Geld da.
So funktioniert der globale Kapitalismus: Hilfe ist Verhandlungssache, Leben ein Kostenpunkt. Und wer keine Rendite bringt, wird abgeschrieben.