Wien. Seit dem russischen Einmarsch in der Ukraine überschlagen sich in Politik und Medien die Rufe nach einer Aufrüstung des österreichischen Bundesheeres. Schließlich wollen die österreichischen Kapitalisten und ihre politischen Vertreterinnen und Vertreter an den NATO/EU-Kriegstrommeln eifrig mitwirbeln. Die Neutralität soll endgültig ausgehöhlt werden. Doch die einzige Kriegsgefahr, mit welcher die österreichische Nation tatsächlich konfrontiert ist, geht von den österreichischen Kriegstreibern aus.
Jegliche Aufrüstung bedeutet jedoch ein Umlenken von Teilen der gesamtgesellschaftlichen Produktivkraft von Bedarfsgütern in Richtung Kriegswirtschaft. Von einer kleinen, aber mächtigen Handvoll Menschen ist diese Entwicklung auch gewünscht, um die Gewinne und Aktienkurse der Rüstungsindustrie weiter nach oben zu treiben und die zwischenimperialistischen „Spiele“ um Einflusssphären und Kapitalmärkte anzuheizen. Für die Arbeiterklasse und das österreichische Volk hingegen bedeutet militärische Aufrüstung hingegen nur zusätzliche Preissteigerungen und Armut.
B. Ponormajow über Inflation durch Aufrüstung
Diese Lektion lehrt nicht nur die Logik des Kapitalismus, sondern auch die Geschichte. In diesem Zusammenhang seien im Folgenden einige Zitate aus dem Aufsatz „Die Militarisierung der Wirtschaft und die Verelendung des Proletariats in den kapitalistischen Ländern“ von B. Ponomarjow erlaubt. Der Aufsatz ist im Jahr 1952 im Sammelband „Über die Verschärfung der allgemeinen Krise des Kapitalismus nach dem Zweiten Weltkrieg“ erschienen (Dietz Verlag Berlin).
Die Aufrüstung „verschlingt kolossale Mittel. Die ganze Schwere dieser Last wird von den herrschenden imperialistischen Kreisen auf die Schultern der Arbeiterklasse, der Bauernschaft, der breiten Bevölkerungsschichten abgewälzt.“
„Die Militarisierung der Wirtschaft der kapitalistischen Länder wird von der Verstärkung der Inflation begleitet, deren Last mit ihrem ganzen Gewicht auf die Schultern der Werktätigen fällt. W.I. Lenin schrieb: ‚Alle geben zu, dass die Emission von Papiergeld die schlimmste Art einer Zwangsanleihe ist, dass sich am meisten gerade die Lage der Arbeiter, des ärmsten Teiles der Bevölkerung, verschlechtert… Die schrankenlose Emission von Papiergeld ermuntert das Schiebertum, ermöglicht Millionenverdienste für die Kapitalisten‘“.
Inflation im Kapitalismus omnipräsent
„Die Inflation hat gegenwärtig alle kapitalistischen Länder erfasst und verstärkt sich mit jedem Tag infolge der von den Regierungen dieser Länder betriebenen Politik der Kriegsvorbereitung. Inflationistische Prozesse haben bereits während des ersten imperialistischen Weltkrieges einen großen Umfang angenommen. Eine gewaltige Verstärkung der Inflation begleitet die kapitalistische Wirtschaft in der ganzen Zeit der allgemeinen Krise des Kapitalismus. Der zweite Weltkrieg brachte eine neue bedeutende Entwertung des Geldes mit sich, nach dem Kriege schritt die inflationistische Entwicklung weiter fort und wuchs schnell infolge der forcierten Aufrüstung.“
„Der Marschallplan, die Schaffung des aggressiven Nordatlantikblocks und insbesondere der Krieg gegen das koreanische Volk – diese drei vom amerikanischen Imperialismus eingeleiteten Maßnahmen – versetzten der Valuta der kapitalistischen Länder nacheinander schwere Schläge und führten zum ununterbrochenen Absinken der Kaufkraft, zur Entwertung des Geldes. Die bürgerlichen Regierungen benutzen die Notenpresse zur Ausgabe von Papiergeld ohne die notwendigen Valuta- oder Warensicherung. Außerdem führt die Produktion von Rüstungsgegenständen und die Anhäufung von strategischen Rohstoffen zur Einschränkung der im Umlauf befindlichen Waren und damit zur weiteren Entwertung des Geldes.“
„Die Preise für Lebensmittel und Massenbedarfsartikel, Fahrpreise der Eisenbahn und im städtischen Verkehr sind besonders in den Jahren 1948 bis 1951 gestiegen und steigen im Jahre 1952 ununterbrochen weiter. Die Wohnungsmieten, die in den Ausgaben der Werktätigen einen bedeutenden Platz einnehmen, stiegen in allen kapitalistischen Ländern um 20 bis 25 Prozent. Es verteuerten sich sämtliche kommunalen Leistungen (Gas, Strom, Heizung), es stiegen die Preise für Papier, für Zeitungen und Bücher, die Eintrittspreise für Theater und Kinos.
Der Generalrat des Weltgewerkschaftsbundes, der in seinen Reihen über 80 Millionen Arbeiter und Angestellte vereint, charakterisierte Ende 1951 die Lage folgendermaßen: ‚Infolge der Kriegsvorbereitungen der Imperialisten sinkt der Lebensstandard der Werktätigen in den kapitalistischen und imperialistischen Ländern ständig. Es sinkt der Reallohn, in vielen Ländern wächst die Arbeitslosigkeit, werden die Steuern erhöht, steigen ununterbrochen die Preise für Massenbedarfsartikel, werden die Ausgaben für soziale Zwecke und Wohnungsbau gewaltig verkürzt. Andererseits wird durch das Absinken des Lebensstandards der Werktätigen ständig die Kaufkraft der Bevölkerung eingeschränkt, schrumpft der Handelsumsatz und all dies führt zur immer stärkeren Verelendung der Mittelschichten des Volkes.‘“
Koreakrieg und Preisentwicklung in Frankreich
„Die allgemeine Teuerung und das Absinken des Lebensstandards der Werktätigen verstärkten sich besonders durch den Überfall des amerikanisch-englischen Blocks der Interventen auf das koreanische Volk (ab dem 25. Juni 1950, Anmerkung der Redaktion)“.
„In Frankreich stiegen die Preise für Industriewaren seit 1938 um mehr als das Zweiundzwanzigfache, die Preise für landwirtschaftliche Erzeugnisse um das Neunzehnfache. Besonders verteuerten sich die Gegenstände des täglichen Bedarfs. Die Erhöhung des Arbeitslohnes, die die Werktätigen Frankreichs durch hartnäckige Streikkämpfe im Jahre 1951 erzwangen, wurde bald durch neue Preissteigerungen zunichte gemacht. Der Reallohn sank von 1938 bis 1951 um mehr als 50 Prozent.“
„In der Zeit vom 15. Januar 1951 bis 15. Januar 1952 stiegen die Einzelhandelspreise für Waren des täglichen Bedarfs ununterbrochen. Brot verteuerte sich um 39 Prozent, Teigwaren um 46 Prozent, Fleisch um 58 Prozent, Fisch um 140 Prozent, Seife um 35 Prozent. Der Fahrpreis in der Pariser Metro stieg um 52 Prozent. In der gleichen Zeit erhöhte sich der Gaspreis um 28 Prozent, der Strompreis um 24 Prozent.“
Vergleichbare Entwicklungen skizziert Ponormajow für andere Länder. Beispielhaft sei noch erwähnt, dass die USA infolge des antikoreanischen Angriffskrieges den „Notstand“ ausriefen und im Zuge dessen umgehend die Löhne und Gehälter einfroren – während die Preise in schnellem Tempo erhöht wurden.
Der Kampf für einen besseren Lebensstandard der Werktätigen ist ein Kampf gegen den Militarismus
„Die Menschen der Arbeit sehen, dass der Kampf für den Frieden gleichzeitig ein Kampf um das Brot ist, das ihnen die herrschende Clique vorenthält. Die Massen verstehen immer besser, dass man sein Stück Brot nicht verteidigen, dass man den räuberischen kapitalistischen Monopolen und dem ihnen untergeordneten Staat keine Abfuhr erteilen kann, ohne sich der Aufrüstung und der Militarisierung der Wirtschaft zu widersetzen. Deshalb gewinnt die Aktivierung des Kampfes gegen die Vorbereitung und Entfesselung eines neuen Krieges, zur Verteidigung des Friedens immer größere Bedeutung“.