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Einige Gedanken zu den Frauenmorden

Kommentar von Gisela Parapatits, Mitglied der Partei der Arbeit Österreichs

Der neunte Frauenmord in diesem Jahr hat die Verantwortungsträger der bürgerlichen Gesellschaft in Scheinaktivismus versetzt. Die ÖVP plant einen „Sicherheitsgipfel“ im Innenministerium und die grünen Ministerinnen und Abgeordneten übertreffen sich in Betroffenheitsrhetorik.

Aber was ist bisher geschehen? Die Vertreterinnen der autonomen Frauenhäuser warnen seit Langem vor den Problemen, mit denen sie tagtäglich in steigender Zahl konfrontiert sind. „Auf der politischen Ebene bemerken wir die Auswirkungen der Wirtschaftskrise, da haben unsere Frauenhaus-Kolleginnen seit 2007, 2008 festgestellt, dass die Hochrisikosituationen und die schwere Gewalt zunehmen. Das hat viel mit finanzieller Unsicherheit in den Familien zu tun. Außerdem spielt der Rechtsruck eine Rolle. Dadurch entsteht eine Verrohung in der Gesellschaft. Die beginnt mit Hass im Netz und weitet sich aus. Der Weg von psychischer oder verbaler Gewalt hin zu körperlicher Gewalt ist oft nicht sehr weit“ sagte die Geschäftsführerin der Autonomen Frauenhäuser, Maria Rösslhumer erst vor zwei Wochen in einem Interview mit der Blog-Seite Mosaik, und weiter: „Außerdem stellen wir leider immer wieder fest, dass die staatlichen Behörden Frauen nicht ausreichend schützen, vor allem Frauen, die sich von ihren Partnern trennen oder scheiden lassen wollen. Gewalttäter werden oft auf freiem Fuß angezeigt, obwohl es schon Vorstrafen oder Wegweisungen gegeben hat. Es bräuchte eine effektive Gefährlichkeitsprognose. Das wurde zum Teil durch sogenannte multi-institutionelle Fallkonferenzen abgedeckt, die aber 2018 unter türkis-blauer Regierung vom damaligen Innenminister, Herbert Kickl, eingestellt wurden“.

Reaktionäre Grundmuster

Die gesellschaftspolitische Schlagseite ist ungebrochen: Mit der ÖVP dominiert eine Partei das politische Geschehen in Österreich, die – in enger ideologischer Kumpanei mit der katholischen Kirche – die Rolle der Frau in der Familie sieht, in der Führung des Haushalts, in der Erziehung der Kinder, in der Unterordnung unter den Mann als Familienoberhaupt. Männer, die das Familieneinkommen versaufen und verspielen, die zu Hause den Tyrannen spielen, physische und psychische Gewalt gegen Frauen und Kinder ausüben, sind eine unschöne Erscheinung dieses reaktionären Familienbildes, über das nicht gerne gesprochen wird. Genauso wenig, wie manche Linke nicht über die reaktionären Verhältnisse in manchen muslimisch geprägten Familien sprechen wollen, über das Einsperren von Ehefrauen und Töchtern, die Verweigerung jeglicher Selbstbestimmung und Bildung, die bewusste Abschottung der Frauen vom gesellschaftlichen Leben. Dazu kommt eine mehrheitlich reaktionäre Medienlandschaft, die Teil eines gesellschaftlichen Konsens ist, der die Frauen in ihrer Unabhängigkeit und Selbstbestimmung mehr behindert, als fördert.

Der mutmaßliche Mörder des aktuellsten Femizides ist angeblich jener Mann, der in der Öffentlichkeit als Bierwirt bekannt wurde (es gilt die Unschuldsvermutung), von dessen Computer aus sexistische und beleidigende Nachrichten an die jetzige Klubobfrau der Grünen im Parlament, Sigrid Maurer, geschickt wurden. Er steht stellvertretend für eine Schicht von Männern, die saufend, pöbelnd, raufend und frauenverachtend durchs Leben ziehen. Der Mann soll bereits durch mehrere Vorstrafen in Zusammenhang mit Gewaltdelikten amtsbekannt gewesen sein. 

Das Problem wird nicht dadurch zu lösen sein, dass hinter jeden Idioten und Gewalttäter ein Polizist gestellt wird, jedoch ist die Anwendung konsequenter polizeilicher Maßnahmen gegen Gewalttäter eine unbedingte Erfordernis. So fordern etwa Vertreterinnen der Frauenhäuser, dass über Wegweisung und ähnliche Maßnahmen hinaus auch U‑Haft über Männer verhängt wird, die ihre Frauen misshandeln. Sie weisen ferner darauf hin, dass viele Anzeigen von Frauen von der Exekutive nicht ernstgenommen werden, und hier eine entsprechende Sensibilisierung im Polizeiapparat nötig ist. Freilich ist auch darauf hinzuweisen, dass wir einen Polizeiapparat haben, der – wie die ganze Gesellschaft – auch mit Rechten durchsetzt ist, deren Frauenbild zu wünschen übrig lässt. Schließlich wäre eine massive Ausweitung der Mittel zur Gewaltprävention nötig, die beginnend bei den Schulen breiteste Schichten der Bevölkerung erfasst.

Frauen sind keine Minderheit

Von dieser Regierung ist nicht allzu viel zu erwarten. Weder eine ordentliche Dotierung von Gewaltschutzeinrichtungen, noch ein Ausbau der Frauenhäuser. Von ihr werden wohl wieder nur Sprechblasen kommen. Die Kurz’schen Spindoktoren haben schon die Linie vorgegeben, dass Innen- wie Frauenministerium Law and Order spielen sollen. Sicherheitsgipfel, mediale Polizeipräsenz, vor allem aber Medienpräsenz der ÖVP-Regierungsriege stehen dabei im Mittelpunkt. Die Grünen kommen über ihre Betroffenheitsrhetorik kaum hinaus, so lange sie nicht offen thematisieren, dass die reaktionären Kräfte – zu denen in führender Rolle ihr Koalitionspartner gehört – ein Frauen- und Familienbild fördern, in denen der Frau die Rolle der dienenden Hausfrau und Mutter zugeordnet wird. Die bekanntgewordenen Chatnachrichten innerhalb des ÖVP-Führungszirkels offenbaren deren Frauenbild recht offen: Eine Frau in einer Aufsichtsratsfunktion müsse gut lenkbar sein, tut sie nicht, was von ihr erwartet wird, fällt sie in die Kategorie „blöde Weiber“. Und die Grünen weigern sich ‑ebenso wie die SPÖ und andere liberale Kräfte, die Dinge beim Namen zu nennen. Das Problem besteht nicht darin, dass zu wenige Frauen in Aufsichtsräten von Kapitalgesellschaften sitzen, sondern darin, dass Frauen in der kapitalistischen Gesellschaft in vielerlei Hinsicht unterdrückt und diskriminiert sind, sei es in der Familie, am Arbeitsplatz oder in der Gesellschaft. Frauen sind aber keine Minderheit, die identitätspolitisch von irgendwelchen mainstreamlinken Politikerklärern als solche definiert und bemitleidet werden muss. Frauen bilden die Mehrheit der Gesellschaft. Der überwiegende Teil der Frauen gehört zur Klasse der Ausgebeuteten und Unterdrückten, zur Arbeiter/innenklasse.

Emanzipation der Frau wird das Werk der Emanzipation der Arbeit vom Kapital sein

In ihrer berühmten Rede auf dem Pariser Arbeiterkongress von 1889 stellte die deutsche Sozialistin und spätere Kommunistin Clara Zetkin fest: „Die Länder, in denen das angeblich allgemeine, freie und direkte Wahlrecht existiert, zeigen uns, wie gering der wirkliche Wert desselben ist. Das Stimmrecht ohne ökonomische Freiheit ist nicht mehr und nicht weniger als ein Wechsel, der keinen Kurs hat. Wenn die soziale Emanzipation von den politischen Rechten abhinge, würde in den Ländern mit allgemeinem Stimmrecht keine soziale Frage existieren. Die Emanzipation der Frau wie die des ganzen Menschengeschlechtes wird ausschließlich das Werk der Emanzipation der Arbeit vom Kapital sein. Nur in der sozialistischen Gesellschaft werden die Frauen wie die Arbeiter in den Vollbesitz ihrer Rechte gelangen.“

Quellen: Mosaik/marxists​.org

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