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Freiheit für Britney Spears

Der Kampf um die Vormundschaft über die Sängerin Britney Spears könnte bald beendet sein. Dass sie seit 13 Jahren ein entrechtetes Leben führen muss, wirft auch abseits der Promi-Szene kein gutes Licht auf das US-amerikanische „Fürsorge“-System.

Los Angeles. Popsängerin Britney Spears konnte am vergangenen Mittwoch einen wichtigen juristischen Sieg verbuchen: Bei einem Gerichtstermin in Los Angeles wurde die Vormundschaft ihres Vaters James Spears nach 13 Jahren beendet. Unter diese war sie 2008 gestellt worden, nachdem sie einen psychischen Zusammenbruch erlitten hatte. Seither konnte die heute 39-jährige, frühere „Princess of Pop“ kein selbstbestimmtes Leben mehr führen: Ihr Vater griff in die intimsten Bereiche ihres Lebens ein, ließ sie sogar im privaten Bereich überwachen – und verwaltete nicht zuletzt das zig Millionen Dollar umfassende Vermögen von Britney Spears, das sie Hits wie „Baby One More Time“ (1999) und „Oops … I Did It Again“ (2000) verdankte. In den letzten Jahren führte sie einen Kampf gegen die Vormundschaft und verlangte, die Kontrolle über ihr Leben zurückzuerhalten, wobei sie von Fans, Künstlerkollegen und Bürgerrechtsorganisationen unterstützt wurde. Ihrem Vater warf sie vor, sie ausgenutzt, bedroht und traumatisiert zu haben.

Nun wurde in einem ersten Schritt James Spears die Vormundschaft entzogen, aber nicht grundsätzlich aufgehoben: Richterin Brenda Penny übertrug die Vormundschaft vorläufig einem Buchhalter. Über eine etwaige vollständige Beendigung aller Auflagen für Spears wird bei einer weiteren gerichtlichen Anhörung im kommenden November entschieden. Es bleibt zu hoffen, dass dann dem Motto „Free Britney!“ endlich auf der ganzen Linie entsprochen wird und die Sängerin nach 13 Jahren alle ihre persönlichen Menschen- und Bürgerrechte wieder zurückerhält. Denn man mag auf den ersten Blick die ganze Angelegenheit als ein High Society-Schicksal im goldenen Käfig betrachten, zu welchem Britney Spears durch Alkohol- und Drogenmissbrauch sowie damit verbundenes Fehlverhalten selbst beigetragen hat. Es kann aber nicht sein, dass ein punktueller psychischer Not- und Vorfall zu einer derartig langen und umfassenden Freiheitsbeschränkung führt, über die dann nicht medizinische Fachkräfte, sondern lediglich Juristen und gekaufte „Gutachter“ entscheiden.

Man muss außerdem bedenken: Im Falle von Britney Spears konnte selbst ihr Prominentenstatus die völlig übertriebene Entmündigung und indirekte Enteignung nicht verhindern. Man kann sich anhand dessen vorstellen, welch jenseitige Bedingungen im Bereich des US-amerikanischen Vormundschaftsrechts, seiner Praxis und Ausübung sowie v.a. seines Missbrauchs erst vorherrschen, wenn „normale“ Menschen betroffen sind. Insofern muss man das Schicksal von Britney Spears zum Anlass nehmen, dieses System sehr gründlich zu hinterfragen und einer objektiven und fairen Reform zu unterziehen, die dem 21. Jahrhundert entspricht. Denn natürlich gibt es unzählige Fälle von Menschen – die nicht in den Medien vorkommen –, deren persönliche Rechte mit fragwürdigen Diagnosen und juristischen Entscheidungen aufgehoben werden, die zu Unrecht in geschlossenen Anstalten verschwinden, die aufgrund finanzieller oder sonstiger Interessen anderer Personen entmündigt werden, und keine Möglichkeit erhalten, sich dagegen zu wehren. Offensichtlich stehen dem Missbrauch, der Repression und der Bereicherung Tür und Tor offen.

Quelle: Der Standard

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