Wien. Von „wirtschaftlicher Vernunft“ redet in Österreich gern die politische und wirtschaftliche Elite – bis es um ihre eigenen Machenschaften geht. Die Implosion des Signa-Imperiums des mittlerweile in U‑Haft sitzenden René Benko zeigt in all ihrer grotesken Klarheit, wie ein ganzes Netzwerk aus Ex-Politikerinnen und Politikern, Industriellen und Top-Bankern über Jahre hinweg Milliarden verprasste – und sich dabei selbst großzügig bediente.
Die Masseverwalterin der insolventen Signa Development, Andrea Fruhstorfer, fordert nun nicht weniger als 751 Millionen Euro zurück – von jenen, die über Jahre hinweg in Vorständen und Aufsichtsräten saßen, bei Champagner-Empfängen wohlwollend nickten und den benkoschen Allmachtsphantasien keine Grenzen setzten. Namen wie Alfred Gusenbauer, einst Bundeskanzler der SPÖ, Susanne Riess-Hahn, frühere FPÖ-Vizekanzlerin, oder Karl Sevelda, Ex-Vorstandschef der Raiffeisenbank International, tauchen auf der Liste auf. Dazu noch Robert Peugeot, Automobil-Dynast und Symbol der europäischen Wirtschaftsnoblesse. Sie alle sollen – laut „profil“ – mitverantwortlich sein für das wirtschaftliche Schwarze Loch, das Signa heute ist. Zur rechtlichen Absicherung sei angemerkt: Selbstverständlich gilt für alle Beteiligten die Unschuldsvermutung – so lange, bis das Gegenteil womöglich auch offiziell festgestellt wird.
Bereits im März forderte Fruhstorfer „vorerst“ 125 Millionen Euro. Doch die neue Summe zeigt: Der tatsächliche Schaden ist nicht nur höher, sondern auch systemischer Natur. 2023, im Jahr des endgültigen Kollapses, floss weiter Geld – nicht etwa zur Rettung von Projekten oder Sicherung von Arbeitsplätzen, sondern aus den Tochtergesellschaften Signa Prime und Signa Development nach oben zur Holding, dorthin, wo Prestige, Macht und Kontrolle saßen. Ohne betriebliche Rechtfertigung, ohne wirtschaftliche Vernunft – aber mit politischer Protektion.
Denn es war kein Versehen, dass Milliarden in die Holding gepumpt wurden, während die Substanz bröckelte. Es war ein System, getragen von einem illustren Zirkel, der sich über Jahre hinweg in Medien und auf Parteitagen als wirtschaftliche Avantgarde inszenierte. Und nun? Nun stehen sie in den Papieren der Masseverwalterin – nicht auf der Anklagebank, aber mit Millionenforderungen konfrontiert. Ein Tropfen auf dem heißen Stein, wenn man bedenkt, wie viel reales Kapital hier verzockt wurde.
Was bleibt, ist eine kapitalistische Elite, die stets nach unten absichert – und nach oben verteilt. In einem System, das Sozialleistungen kürzt und sich milliardenschwere Desaster wie Signa leisten kann, ist die moralische Pleite längst vollzogen.
Quelle: ORF