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Blümel in grün

Nachdem die Wiener Grünen-Chefin Birgit Hebein in den nächsten Tagen nun auch ihre Funktion als Landesparteivorsitzende abgeben wird, haben sich die beiden Stadträte bereits für die Parteiführung in Stellung gebracht – wobei Peter Kraus dem ORF Wien sagte, dass die Wahl der Parteispitze nicht mehr sei als die Frage, „wer welches Namensschild bekommt.“

Wien. Ganz egal, wie man zur Politik der früheren Wiener Vizebürgermeisterin Birgit Hebein steht – und wir standen vielen ihrer Projekte sehr kritisch gegenüber -, muss man sagen: Der Abgang, der ihr von der eigenen Partei beschert wurde, ist nicht gerade die feine Art.

Hebein, die sich nach dem Ausscheiden von Maria Vassilakou als Parteivorsitzende der Wiener Grünen in einer Basisabstimmung gegen genau jene Männer, die sie jetzt abgesetzt haben, durchgesetzt hatte, passte nicht in das heutige Bild der abgeschleckten und NLP-geschulten Politiker/innen. Sie sprach nicht wie frisch aus dem Rhetorikseminar, sondern manchmal holprig und ungelenk. Sie hatte nicht die NLP-Einheitsgestik, wie sie etwa von Kurz & Co. so überzeichnet wird, dass sie wirken wie Gestikulationsmaschinen. Und sie machte keinen Hehl aus ihrer Herkunft aus proletarisch-bäuerlichen Verhältnissen. Das nahmen ihr viele krumm, weil es nicht in das erwünschte Bild eines Politikers passt, und waren dann wohl bass erstaunt, als sie mit ihrer bodenständigen Art bei der Gemeinderatswahl 2020 auch noch das bisher beste Ergebnis der Grünen einfuhr. 

Die Vertreibung von den Futtertrögen

Was ihr aber vom grünen Establishment im Wiener Rathaus nie verziehen wurde, war, dass sie keine Koalition mit der SPÖ mehr zustande brachte. Damit wurden viele von den Futtertrögen der Rathausmacht vertrieben, die es sich dort schon schön gemütlich eingerichtet hatten. Auch mit Subventionen, Bewilligungen etc. kann man künftig nicht mehr wacheln, um auf die eigene Wichtigkeit hinzuweisen. Dieses Privileg wird jetzt Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr von NEOS zuteil.

Die Anführer des Putsches gegen Birgit Hebein im grünen Rathausklub waren also die ihr Unterlegenen bei der letzten Basisabstimmung, der ehemalige Sportreporter und Langzeitgemeinderat sowie Klubchef David Ellensohn, und der wesentlich jüngere Peter Kraus. Die Dritte im Bunde ist die Newcomerin Judith Pühringer, die neben Kraus den zweiten Stadtratsposten besetzt. 

Ziel Dauerregierungspartei

Nachdem Birgit Hebein in den nächsten Tagen nun auch ihre Funktion als Landesparteivorsitzende abgeben wird, und erst im Juni eine neue Parteispitze gewählt werden soll, haben sich die beiden Stadträte bereits für die Parteiführung in Stellung gebracht – wobei Peter Kraus dem ORF-Wien sagte, dass die Wahl der Parteispitze nicht mehr sei als die Frage, „wer welches Namensschild bekommt.“

Aus diesem Gespräch mit dem ORF-Landesstudio bleibt der Wunsch von Kraus hängen, dass es zur neuen Normalität werden sollte, dass die Grünen bei Wahlen Ergebnisse über 20 Prozent erzielen und zu einer gesellschaftlichen Kraft würden, die nicht nur eine Koalitionsvariante sei, sondern an der man nicht vorbeikomme. Die Grünen als Dauerregierungspartei quasi. Daran werden die wirklich mächtigen Kapitalvertreter ihre Freude haben, denn sie brauchen ja mehrere Parteien, die zur Kapitalismusverwaltung tauglich sind, und von den Grünen wissen sie jetzt schon, dass sie dabei sehr artig sind und den Zielen des Kapitals nicht im Weg stehen, sondern sie brav umsetzen.

Inhaltlich konnte die ORF-Redakteurin nicht viel aus ihm herausquetschen, denn er wich ihren diesbezüglichen Fragen beharrlich aus. Dabei wirkte er schon sehr routiniert und könnte glatt als grüner Blümel durchgehen. Dass die Grünen sehr elastisch sind, was ihre Prinzipien betrifft, ist ja durch ihre Koalition mit der ÖVP auf Bundesebene schon hinlänglich bekannt. Der junge Herr Kraus wird diesen Weg in Wien sicher perfektionieren, indem er nicht viel von Prinzipien redet, sich gibt wie Gernot Blümel und sich kleidet wie Joschka Fischer vor Jahrzehnten, mit weißen Turnschuhen zum Anzug.

Quellen: ORF-Wien/ORF-Wien

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