HomePolitikSozialhilfe: Teurere Bürokratie verwaltet geringere Auszahlungen

Sozialhilfe: Teurere Bürokratie verwaltet geringere Auszahlungen

Bei unmittelbar von Armut Betroffenen gab es zuletzt deutliche Kürzungen und Verschärfungen. Im diesbezüglichen „Vorreiterbundesland“ Niederösterreich zeigt die unter türkis-blau beschlossene, asoziale Kahlschlagpolitik bereits drastische Folgen zulasten von Kindern, Menschen mit Behinderung und Frauen.

Wien. 260.114 Menschen bezogen im vergangenen Jahr Mindestsicherung bzw. Sozialhilfe. Das sind etwas weniger als vor der Corona-Pandemie, gleichzeitig stiegen die Gesamtausgaben um 5 Prozent auf 959 Millionen Euro. Wie passt das zusammen?

Die Armutskonferenz führt dazu für Kärnten folgende Zahlen an: Die eigentlichen Leistungen für Sozialhilfeempfänger werden nach den auf Bundesebene angeregten „Reformen“ um 360.000 Euro sinken. Das saniert kein Hypo/FPÖ-geschädigtes Landesbudget, bedeutet für die Betroffenen aber oft den Unterschied zwischen anständiger Ernährung, erschwinglichen Heizkosten, ausreichend Schulsachen – und dem völligen Abrutschen in soziale Isolation und Armut. Andererseits haben jahrelange Agitation auf Kosten der Sozialhilfebezieher unsinnig komplizierte, bürokratische Voraussetzungen, Antragswege und Strafmechanismen hervorgebracht, deren Administration mehr kostet, als auf der anderen Seite den Bedürftigen weggenommen wird. In Kärnten allein rechnet man mit einem Mehraufwand von 1,06 Millionen Euro bei der Verwaltung – also fast dem dreifachen der „gesparten“ Sozialausgaben.

Mehr Vollbezieher

Die Caritas – in Sachen ‚Sozialhilfe NEU‘ übrigens deutlich lautstärker und fundierter in ihrer Kritik als die mit sich selbst beschäftigte SPÖ – verweist außerdem darauf, dass die Zahl der Personen mit Vollbezug gegen den allgemeinen Trend sogar zugenommen hat. Es handelt sich dabei insbesondere um jene „vergessenen“ Leidtragenden der Corona-Situation, für die es keine milliardenschweren Rettungspakete gab: kleine Selbständige, Aufstocker, Berufseinsteiger, Geringverdienende. Sie müssen jetzt mit dem letzten, löchrigen Rettungsnetz ihr Auslangen finden. Bei einer durchschnittlichen Bezugshöhe von 699 € pro „Bedarfsgemeinschaft“ gegenüber 1.328 € Armutsgefährdungsschwelle reicht das meist nicht.

In Niederösterreich ist man in Sachen „Sozialhilfe NEU“ – also der etwas menschenverachtenderen Version der Mindestsicherung – bereits weiter als in den meisten anderen Bundesländern. So ist vorgesehen, dass statt 75 % nur mehr 60 % nach Wohnkosten für den Lebensunterhalt verbleibt. Dafür würde jeder kleinste Zuverdienst über 15 Euro im Monat – etwa in Werkstätten für Menschen mit Beeinträchtigung – gleich wieder von der Sozialhilfe abgezogen werden.

ÖVP und FPÖ ist das alles noch nicht genug, und so führen sie nach Veröffentlichung der aktuellen Sozialhilfestatistik erneut eine niederträchtige Kampagne gegen die Ärmsten der Gesellschaft. Allein die Gewinnausschüttungen der 20 größten ATX-Konzerne im „Krisenjahr“ 2020 machten übrigens das Dreifache der Ausgaben für Mindestsicherung bzw. Sozialhilfe Neu aus.

Quellen: Armutskonferenz, Caritas, Kurier

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