Wie ein SPÖ-Vizekanzler das Urteil des Verfassungsgerichtshofs im Interesse der Immobilienlobby entschärfen will.
Wien. Die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs, weite Teile der Wertsicherungsklauseln in Mietverträgen für unzulässig zu erklären, war ein juristisches Erdbeben – ein seltener Moment, in dem etwas Gerechtigkeit zumindest theoretisch möglich scheint. Jahrzehntelang wurden Mieterinnen und Mieter systematisch geschröpft. Mit intransparenten, oft rechtswidrigen Klauseln wurde ihnen Monat für Monat Geld aus der Tasche gezogen. Und nun urteilt das Höchstgericht: Das war nicht rechtens. Punkt.
Bis zu 800.000 Mietverträge könnten betroffen sein, Rückzahlungen über Jahre hinweg wären denkbar. Doch statt automatischer Rückerstattung braucht es Einzelklagen. Jede Betroffene, jeder Betroffene müsste einzeln klagen. Eine juristische Hürde, wie gemacht, um auch nur ein klein wenig Gerechtigkeit zu verhindern. Die Reaktion der Immobilienwirtschaft? Keine Reue, keine Einsicht. Stattdessen: Panikmache, Untergangsszenarien, Geraune über „wirtschaftliche Destabilisierung“. Dass über Jahrzehnte hinweg Millionen zu Unrecht kassiert wurden? Kein Thema.
In dieser Situation würde man erwarten, dass eine Regierung mit der SPÖ als Juniorpartner nun auf der Seite der Mieterinnen und Mieter steht. Könnte man meinen. Doch was tut Vizekanzler Andreas Babler? Statt das Fenster für etwas mehr Gerechtigkeit zu nutzen, mimt er den Krisenmanager der Besitzenden. Babler stellt sich nicht vor die Betroffenen – er stellt sich vor die Eigentümer. Der SPÖ-Vorsitzende will nicht etwa an einer Durchsetzung, sondern an einer „Lösung“ arbeiten – also an einer politischen Schadensbegrenzung für Vermieter, Banken, Fonds und Bauträger.
Der rote Vizekanzler, von manchen einst als „linke“ Hoffnung gepriesen, hat sich in Rekordzeit vom Revoluzzer zum Butler der Wohnbaukonzerne transformiert. Und so gibt er sich nun ganz in sozialdemokratischer Manier als Verwalter der Renditeinteressen jener Miethaie, gegen die er in Reden einst zu kämpfen vorgab. Eine Antwort auf jahrzehntelange Mietausbeutung wird unter seiner Agenda zur Rückzugsverhandlung der Eigentümer. Der Wohnungsmarkt wird nicht reguliert, sondern geschützt. Das Mietrecht nicht gestärkt, sondern zurechtgebogen.
Und so formt sich auch schon die sogenannte „Lösung“: Eine Begrenzung der Rückforderungen auf drei bis fünf Jahre. Wer zehn oder gar zwanzig Jahre zu viel gezahlt hat – Pech gehabt. Es ist ein juristischer Taschenspielertrick, der den systematischen Geldtransfer von unten nach oben legalisieren soll.
Es ist die alte Geschichte: Wenn es ernst wird, steht die SPÖ nicht auf der Seite der Ausgebeuteten, sondern in der Lobby der Eigentümer – mit Krawatte, Kompromissvorschlag und Kuschelton. Willkommen in der österreichischen Sozialdemokratie: Verlässlich im Dienste der Besitzenden. Während die Immobilienbranche ihre Narrative der „Wirtschaftsgefahr“ streut, gibt sich der Staat unter SPÖ-Führung brav als Feuerwehrmann für die Investoren. Andi Babler darf sich auf die Schulter klopfen, er ist ein verdienter Genosse der Spekulanten und Immobilienbosse.
Quelle: MSN