Kommentar von Otto Bruckner, stellvertretender Vorsitzender der Partei der Arbeit Österreichs (PdA)
Der ORF-Moderator Roman Rafreider hatte während seiner Moderation im „ZIB-Flash“ am Dienstagabend offensichtliche Probleme, die zu Spekulationen über eine mögliche Alkoholisierung führten. Der ORF gab bald danach seine Suspendierung bekannt.
Im Laufe des Mittwoch wurde die Story genüsslich in allen möglichen Medien ausgebreitet, das Video der Sendung, das der ORF inzwischen gelöscht hatte, ging auf Youtube viral. Die Voyeure hatten wieder Hochsaison.
Wie die Online-Ausgabe der „Kronen-Zeitung“ berichtet, moderierte der TV-Sprecher die Nachrichten nach einer Schreckensnachricht. Freunde erklärten der Zeitung gegenüber, dass der Vater in der Nacht auf der Intensivstation lag – nach Informationen der „Krone“ ist er mittlerweile verstorben. Rafreider hatte angeblich erst kurz vor der Sendung vom Zustand seines Vaters erfahren und war im Ausnahmezustand.
Vielleicht war er also alkoholisiert. Kann so etwas passieren? Ja, es kann passieren, und es ist kein Grund, Häme und Spott über den Betroffenen auszugießen, wie es vor allem in den sogenannten sozialen Medien der Fall ist. Ob er nun tatsächlich betrunken war, oder andere Umstände dazu führten, dass die Moderation höchst unkonzentriert und teilweise lallend vorgetragen wurde, wissen wir nicht.
Probleme mit Alkohol zu bekämpfen, ist auf jeden Fall keine Lösung, sondern verschärft meistens noch die Probleme. Er hilft oft, das Unerträgliche zu ertragen, er bietet Unterdrückten und Geknechteten einen scheinbaren Ausweg, ist aber der schrittweise Weg in Krankheit, Vereinzelung und Verzweiflung.
Die legale Droge, an der multinationale und einheimische Bier‑, Schnaps- und Weinkonzerne kräftig verdienen, stürzt viele Familien aus der Arbeiterklasse in Unglück und Not. Alkohol verkürzt oft auf dramatische Weise das Leben von Menschen, die jahrzehntelang schwer geschuftet haben. Diese Probleme sollten nicht klein geredet werden.
In Maßen ist Alkohol ein Genussmittel, die Grenze zur Sucht ist jedoch schnell überschritten. Die sogenannten sozialen Medien hingegen übernehmen immer öfter die Rolle des mittelalterlichen Prangers. Von sozial kann da keine Rede sein. Die Internet-Konzerne cashen ab, während die Trotteln sich austoben. Das ist der Kapitalismus in seinem Endstadium: Eine in jeder Hinsicht verkommene Gesellschaftsform, der es an Grundtugenden wie Empathie, Solidarität und Zusammenhalt fehlt. Jeder soll gegen jeden hetzen, und sich am besten auch noch besaufen. So ist es den Herrschenden am liebsten, dann kommt keiner auf die Idee, sie zu stürzen.