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Die guten und die schlechten Flüchtlinge

Kommentar von Otto Bruckner, stellvertretender Vorsitzender der Partei der Arbeit Österreichs (PdA)

Das kurze Intermezzo von Herbert Kickl in der Zeit der türkis-blauen Regierung ausgenommen beherrscht die ÖVP das Innenministerium seit geraumer Zeit. Genauer gesagt: die ÖVP Niederösterreich. Sobotka, Mikl-Leitner, Nehammer, Karner – alle kommen sie aus der übermächtigen blau-gelben Landespartei. Jetzt hat diese Partei der Innenminister ein Problem. Sie regiert derzeit mit absoluter Mehrheit, droht aber bei der kommenden Neuwahl des Landtages am 29. Jänner abzustürzen. Ein Minus von zehn bis zwölf Prozent werden ihr derzeit prognostiziert. Die schwindende Popularität der ÖVP ist dem gefallenen Sonnyboy Sebastian Kurz zu verdanken, der mit seiner Entourage als Bundeskanzler einen Scherbenhaufen aus Chatnachrichten, staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gegen mehrere Personen und die ÖVP selbst, Postenschacher und Freunderlwirtschaft hinterlässt, den der aktuelle Parteiobmann und Bundeskanzler Karl Nehammer nicht in der Lage ist aufzukehren. Und viele Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher haben nicht vergessen, wie voll des Lobes die Landeshauptfrau für Sebastian Kurz stets war.

Immer wenn es der ÖVP besonders schlecht geht, und das tut es nicht nur in Niederösterreich, sondern im ganzen Land, dann wird von ihr auf Flüchtlinge hin gedroschen. Innenminister Gerhard Karner sieht nun jene Schutzsuchenden, die über Russland oder Weißrussland nach Europa kommen und dann in die EU weiterreisen, als „Waffe Putins“. Die einfache Tatsache, dass Menschen aus Syrien, Afghanistan oder dem Irak zur Einreise nach Russland kein Visum benötigen, wird von Karner als Teil der russischen Kriegsführung bezeichnet. Gibt es denn keine Fluchtgründe aus den genannten Ländern, Herr Karner? In Syrien und im Irak bombardiert gerade Erdogan die Kurdengebiete, in Afghangistan herrschen die Taliban, da gibt es tausende Gründe, das Land zu verlassen. Ähnliche Vorwürfe werden im Übrigen auch Serbien gemacht, weil dort zum Beispiel Menschen aus Indien visafrei einreisen können.

Während Karner hetzt, setzt der sozialdemokratische Bürgermeister von Traiskirchen, Andreas Babler, einen Hilferuf ab. Das dortige Erstaufnahmelager ist heillos überbelegt, vor allem auch mit vollkommen mittellosen Familien mit Kindern. Zuständig: Innenminister Karner. Was geschieht seitens Karners Innenministerium zur Lösung der Probleme? Nichts! Vor kurzem wurde von Karner die Unterbringung von Flüchtlingen in Zelten angekündigt und aufgrund der Proteste nicht umgesetzt. Er hat stets Ideen, wie Flüchtlingen das Leben schlechter gestaltet werden kann, man hört von ihm aber nichts, wenn es darum geht, den Menschen, die hier Schutz suchen, ein halbwegs menschenwürdiges Leben zu ermöglichen. 

Viele der Menschen, die hier sind und auf den Ausgang ihres Asylverfahrens warten, würden gerne arbeiten. Man lässt sie nicht. Lieber lässt man sie irgendwo fast mittellos herumlungern. Warum können Asylwerber nicht sofort einer Arbeit nachgehen, um ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen, bis ihr Verfahren abgeschlossen ist? Es kommen auch Menschen, die den falschen Versprechungen der Schlepper geglaubt haben und nun hier festsitzen. Warum gibt man ihnen nicht zum Beispiel eine befristete Aufenthaltserlaubnis und lässt sie hier arbeiten? Wir haben Arbeitskräftemangel!

Ein anderer Minister dieses schwarz-grünen Kabinetts, der grüne Sozialminister der Sonderbarkeiten, will nun die ukrainischen Flüchtlinge, die sich in Österreich befinden, in die Sozialhilfe integrieren. Die Sozialhilfe beträgt monatlich 977,94 Euro für Einzelpersonen und 1.369,11 Euro für Paare, für das erste Kind kommen 244,49 Euro hinzu. Die Flüchtlinge aus der Ukraine haben jetzt schon eine Sonderstellung am Arbeitsmarkt. Sie können sofort arbeiten, sobald sie hier sind, die Formalitäten dafür sind minimal. Sie brauchen auch keinen Asylantrag zu stellen, denn sie haben von der EU den Sonderstatus als „Vertriebene“ bekommen.

So schafft es die ÖVP, die einen Flüchtlinge gerade nicht verhungern zu lassen und sie als „Waffe Putins“ zu diffamieren, während die anderen Sonderrechte genießen. Die einen (nämlich die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine) zeigt man her, damit alle sehen, wie barmherzig man ist. Den anderen werden von Haus aus schlechte Absichten unterstellt, und man behandelt sie so, dass sie stets wissen, dass die hier nicht willkommen sind.

Natürlich kann ein kleines Land wie Österreich nicht unbegrenzt Flüchtlinge aufnehmen, aber es kann jene, die hierher kommen, anständig behandeln, ihnen eine ordentliche Unterkunft, Essen und ein wenig Geld sowie das Recht zu arbeiten geben, bis über ihren Asylantrag entschieden ist. Das ist das Mindeste an Menschenwürde, die jedem Menschen zusteht. Das passt aber nicht damit zusammen, Flüchtlinge, die übers Meer hierherkommen, jederzeit als Bedrohungsbild zu missbrauchen, wenn die ÖVP wieder einmal befürchtet, Wahlen zu verlieren.

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