1500 Kandidatinnen und Kandidaten sollen schwören, dass sie die FPÖ nicht in Regierungsverantwortung wählen werden. Dabei hätte ein Brief an die Industriellenvereinigung und die Wirtschaftskammer genügt, denn dort wird entschieden, wer regiert.
Wien. Eine „Zivilgesellschaftliche Initiative“ will “Ein Versprechen für die Republik”. Sie hat 1.500 Kandidatinnen und Kandidaten einen Brief geschrieben, und hätte gerne, dass folgende Erklärung abgegeben wird: “Ich versichere hiermit, dass ich im Fall meiner Wahl zur/zum Abgeordneten zum Österreichischen Nationalrat, eine Bundesregierung mit FPÖ-Beteiligung nicht unterstützen und ihr nicht zu einer parlamentarischen Mehrheit verhelfen werde.“
Die Initiative besteht größtenteils aus den üblichen Verdächtigen. Der ehemalige Raiffeisen-Spitzenbanker und ÖVP-Abgeordnete Ferry Maier steht ebenso auf der Liste der bis jetzt etwa 100 Aufrufenden, wie der Bauindustrielle und Neos-Financier Hans-Peter Haselsteiner, der ehemalige EU-Kommissar Franz Fischler (ÖVP) oder der ehemalige Kommunal- und EU-Politiker Hannes Swoboda (SPÖ). Natürlich dürfen auch viele Kulturschaffende nicht fehlen wie beispielsweise die Schauspielerinnen Mavie Hörbiger, Verena Altenberger oder männliche Kollegen wie Klaus Maria Brandauer und Cornelius Obonya. Auch Verfassungsjurist Heinz Mayer und Persönlichkeiten aus verschiedenen Religionsgemeinschaften finden sich unter den Unterzeichnern.
Durch die Bank intelligente Menschen also, die mit der politischen Lage im Land wohlvertraut sein sollten. Besonders die ÖVP-Mitglieder auf der Liste wissen, dass es nach der Wahl im Nationalrat einzig und allein von ihrer Partei abhängen wird, ob es eine FPÖ-Regierungsbeteiligung gibt oder nicht. Die Initiative hätte daher eine Menge Porto sparen können. Ein Brief an die ÖVP-Kandidatinnen und ‑Kandidaten hätte genügt. Aber dann hätte man ja nicht das schöne Spiel spielen können, dass alle anderen potentiellen Abgeordneten auf der Homepage der Initiative Stein und Bein schwören können, dass sie die FPÖ nicht zur Regierungspartei machen werden. Es wird dann wohl eine große Überraschung sein, wenn die Kandidatinnen und Kandidaten von SPÖ, NEOS, Grüne und alle anderen sich auf die Brust klopfen dürfen.
Die Macht im Staat hat das Kapital
Soll sein, wenn es für notwendig gehalten wird, sich gegenseitig des „Gutmenschentums“ zu versichern. Es würde sich allerdings lohnen, sich ein wenig mit der marxistisch-leninistischen Staatstheorie auseinanderzusetzen. Dann würde man vielleicht verstehen, dass nicht die ÖVP-Abgeordnete aus Hintertupfing darüber entscheiden wird, ob die FPÖ zu Regierungsehren kommen soll, sondern die maßgeblichen Kreise des österreichischen und hier ansässigen Monopolkapitals. Die Macht im Staat hat im Kapitalismus immer das Kapital. Meist bündelt es seinen Willen mithilfe von Institutionen wie Industriellenvereinigung und Wirtschaftskammer. Die Frage wird also lauten: will man es mit Sozial- und Demokratieabbau, Aufrüstung und Umverteilung von unten nach oben in Form von Steuergeschenken für die Reichen richtig krachen lassen, dann installiert man eine Regierung aus ÖVP und FPÖ. Oder will man es sozialpartnerschaftlicher angehen, und ein wenig Vermögenssteuern für viele Zugeständnisse in für das Kapital viel wichtigeren Fragen akzeptieren, dann wird die SPÖ und bei Bedarf noch NEOS oder Grüne ins Boot geholt, und die FPÖ darf weiter auf der Oppositionsbank krakeelen.
Man hätte in Wahrheit noch mehr Porto sparen können, indem man nur die Industriellenvereinigung, die Wirtschaftskammer und die wichtigsten Konzernbosse anschreibt, wobei die Medienzaren nicht vergessen werden sollten, denn auch die reden ein gewichtiges Wort bei der Frage mit, wer regiert.
Quelle: OTS