Die Olympischen Spiele werden, so wie alle großen Sportveranstaltungen, auf dem Rücken der Werktätigen abgewetzt. In Japan beklagen sich die Busfahrer über die schlechte Unterbringung und die fehlenden Covid-19-Vorkehrungen.
Tokio. Wir berichteten unlängst von den Olympischen Spielen und zogen Bilanz. Ähnlich wie bei der Fußball-EM stieg am Austragungsort auch die Zahl der Covid-19-Infizierten – die ZdA schrieb:
„Trotzdem gab es im Olympia-Umfeld von 23. Juli bis 8. August in Summe 430 positive Tests in der vermeintlichen „Blase“. Darunter befanden sich auch einige infizierte Athleten, […] sie mussten durchwegs in strenge Isolation in einem eigenen Quarantäne-Hotel. Währenddessen stiegen die Pandemiezahlen freilich in ganz Japan, die Haupt- und Olympiastadt Tokio erhielt sogar den Notstandstatus. Aber auch hier galt: The games must go on.“
Über schlechte Covid-19-Vorsorgemaßnahmen beklagen sich nun auch die vielen japanischen Busfahrerinnen und ‑fahrer, die während der Austragung internationale Athletinnen und Athleten, Funktionärinnen und Funktionäre der Sportverbände und Nachrichtenreporter aus aller Welt herumkutschieren mussten. Darüber berichtet die Japan-Press, die Interviews mit den Fahrerinnen und Fahrern geführt hat.
Schlechte Unterbringung und hohe Arbeitsbelastung
Der Japan-Press zufolge äußerten sich viele Fahrerinnen und Fahrer empört über die miserablen Zustände ihrer Unterbringung und über die hohe von ihnen abverlangte Arbeitsbelastung. Mit Kleinbussen pendelten sie täglich von ihren Unterkünften in die Bucht von Tokio, um dort an den Busdepots bereitzustehen. Viele wurden im National Olympics Memorial Youth Center untergebracht, das 1964 anlässlich der damaligen Olympischen Spiele aus dem Boden gestampft worden war.
Der Arbeitstag der Busfahrer war in etwa so gegliedert: Gegen 11 Uhr vormittags begann die 45minütige Fahrt zum Depot, von dort mit einige Pausen zwischendurch wurden Gäste bis nach Mitternacht hin- und herbefördert. Spätnachts wurde dann die wiederum 45minütige Rückkehr zum Unterbringungsort angetreten. Das Depot war nur zu festgelegten Zeiten mit Essenswagen und einigen Ständen im Freien ausgerüstet, die Hauptmahlzeit der nicht aus eigenen Antrieb heraus flexiblen Fahrerinnen und Fahrer musste deshalb vorwiegend aus Instant-Nudeln aus den Automaten bestehen. Während sie also nicht essen konnten, was sie wollten, konnte auch nicht der für solche Situationen vorgesehene Ruheraum genutzt werden, da er ständig mit Menschen überfüllt war. Die Unterkunft wiederum, die vor rund 57 Jahre gebaut worden war, verfügt über keinen Lift, sodass die Fahrerinnen und Fahrer altersunabhängig nach dem harten Arbeitstag teilweise bis zu fünf Stockwerke an Stiegen zurücklegen mussten, um sich völlig übermüdet schlafenlegen zu können.
Impfung optional
Geimpft wurden die vielen Busfahrerinnen und ‑fahrer anlässlich ihrer Arbeitstätigkeit im Zusammenhang mit der Olympiade nicht. Ein Fahrer sagte im Interview: „Viele von uns sind für die Olympischen Spiele hierhergekommen, ohne geimpft worden zu sein, und haben dafür ihre Familien zurückgelassen. Trotzdem wurden wir schlecht behandelt“. Als sie am 19. Juli die Meldung erreichte, dass bei einigen Personen der internationalen Presse Covid-19-Tests positiv ausgefallen waren, wurde ihnen nicht mitgeteilt, wer, wieviele oder aus welchem Land die Erkrankten kamen. Ein Fahrer, der mehrere Medienvertreterinnen und ‑vertreter zum Austragungsort hin- und zurückbefördert hat, sagte hierzu: „Wir wissen nicht, aus welchem Land sie kommen und in welchem Hotel sie wohnen. Aufgrund dieses Informationsmangels haben wir Angst und fühlen uns vernachlässigt.“
So bildete Japan als Austragungsort der Olympischen Spiele bzw. riesiger Sportveranstaltungen und ‑wettbewerben keine Ausnahme bei der massiven Ausbeutung des Menschen (und der Natur) für den Profit – die Angestellten im Transportwesen bilden nur einen kleinen Teil des Gesamtbildes der Werktätigen ab, die für diese massive Sportschau aufkommen mussten. Die fehlende Impfverantwortung wurde dabei, genauso wie ein eventueller schwerer Krankheitsverlauf, von der Verantwortung des Staates weg ins Private verschoben und die Möglichkeit, Vorkehrungen dagegen zu treffen, wurde den Fahrerinnen und Fahrern ja versagt.
Quelle: Zeitung der Arbeit/Japan Press