Nachdem tagelang gefeilscht wurde, verständigten sich die Vertreter der 27 EU-Mitgliedstaaten Dienstagfrüh auf ein gemeinsames Finanzpaket. Ratspräsident Michel und Kommissionspräsidentin von der Leyen stellten den fragwürdigen „Deal“ vor.
Brüssel. Mit großem Getöse und gespielter Einigkeit präsentierten die Herrschenden der EU-Staaten das beschlossene EU-Budget, welches einer historischen Summe von 1,8 Billionen Euro entspricht. Neben dem eigentlichen EU-Budget in Höhe von 1,047 Billionen Euro, umfasst der Beschluss auch 750 Milliarden Euro an schuldenfinanzierten Hilfsgeldern, um primär die Wirtschaft und damit die großen Monopole zu retten. Von diesen „Hilfsgeldern“ sollen 390 Milliarden Euro in Form von Zuschüssen und 360 Milliarden Euro als Kredite vergeben werden. Die österreichische Bundesregierung hat gemeinsam mit den Niederlanden, Schweden und Dänemark einen symbolischen Oppositionsblock gebildet – die „sparsamen“ Vier, ergänzt um die Unterstützung Ungarns und Sloweniens – und die Höhe der Zuschüsse von den anfänglichen 500 Milliarden Euro, wie sie Deutschland und Frankreich forderten, auf die aktuelle Höhe runterverhandelt. Diese Staaten sind daran interessiert, ähnlich wie in der Krise 2008/09, mit den restriktiven fiskal- und wirtschaftspolitischen Instrumenten der EU (Maastricht etc.) vorzugehen. Demgegenüber standen Deutschland, Frankreich und Länder Südeuropas wie Italien und Spanien, da jene besonders stark von diesen Maßnahmen „profitieren“ sollen.
EU in der Krise
Die Streitigkeiten im Vorfeld des Verhandlungsmarathons drehen sich darum, welche Strategie die beste ist, um die Wirtschaftskraft der Monopole zu heben, ohne dabei die eigenen nationalen Interessen außer Acht zu lassen, von denen wiederum gewisse Konzerne profitieren. Deutschland ist besonders daran interessiert, den EU-Binnenmarkt zu stabilisieren, um ihre Exportquote wieder zu heben, weshalb das deutsche Kapital und ihre Regierung durchaus bereit sind, gewisse Konzessionen zu machen. Auch Österreich benutzt die EU und den EU-Binnenmarkt als Vehikel, um seine wirtschaftliche Position auszubauen, möchte aber seine Staatsverschuldung nicht zu sehr anheben.
All das Geschacher darf nicht davon ablenken, dass am Ende die Arbeiterklasse und das Volk zahlen werden. So hat die niederländische Regierung signalisiert, dass die Vergabe der Zuschüsse bzw. Kredite an „Strukturreformen“ geknüpft sein sollte. Sie steht hier stellvertretend auch für die Position der österreichischen Bundesregierung, da Bundeskanzler Kurz im Vorfeld der aktuellen Verhandlungen davon sprach, dass man nicht für die „kaputten Systeme“ Südeuropas zahlen möchte. Deutschland und Finnland wollen außerdem die EU-Staaten dazu verpflichten, schon ab 2021 den Rückzahlungszeitraum anzusetzen anstelle des von der EU-Kommission vorgeschlagenen Zeitraums 2028–2058.
Politik im Dienste des Kapitals
Ähnlich wie bei den Monopolen in der Luftfahrt (Airbus, Lufthansa/AUA etc.), die trotz Hilfsgeldern im sechsstelligen Bereich Arbeitsplätze vernichten und Arbeitsrechte einschränken, darf man sich nichts Positives von diesen Maßnahmen erwarten. Wir erleben auch in Österreich, wie ÖVP und Grüne die Arbeitslosenversicherung noch weiter aushöhlen wollen, wie die ÖGK mit riesigen finanziellen Ausfällen seit der neoliberalen Zusammenlegung zu kämpfen hat, wovon die privaten Versicherungsfirmen profitieren werden, sowie etliche alte und neue Verschlechterungen.
Quelle: derstandard.at