Die Preisunterschiede zwischen Österreich und Deutschland sind für viele Haushalte längst kein Randthema mehr. Was früher als Grenzphänomen galt, betrifft heute weite Teile der Bevölkerung. Die Ursachen sind komplex, doch die Folgen sind klar: Immer mehr Menschen geraten durch die Teuerung in Existenznot – und suchen nach Alternativen, auch jenseits der Staatsgrenze.
Wien. Der tägliche Einkauf entwickelt sich für viele Familien in Österreich zunehmend zur finanziellen Belastung. Besonders spürbar ist die Preissteigerung bei Lebensmitteln und Drogerieartikeln – und ein Vergleich mit Deutschland zeigt: Fast alles ist dort deutlich günstiger zu haben. In manchen Fällen betragen die Preisunterschiede mehr als 100 Prozent.
Wie eine aktuelle Studie der Arbeiterkammer Wien zeigt, kostet etwa Mango-Maracuja-Eiscreme in Österreich im Schnitt mehr als doppelt so viel wie in Deutschland – trotz nur minimal niedrigerer Mehrwertsteuer bei den Nachbarn. Auch Kosmetikartikel sind in Bayern oft um ein Drittel günstiger, und bei Lebensmitteln zahlen Konsumentinnen und Konsumenten teilweise weniger als die Hälfte.
Grenznahe Bezirke profitieren – und schweigen
In den grenznahen Regionen Oberösterreichs, etwa im Bezirk Braunau, wird das Einkaufen jenseits der Grenze immer attraktiver. Auch wenn viele es nicht offen zugeben, ist der Wocheneinkauf in Deutschland längst zur Routine geworden. Der sogenannte „Österreich-Aufschlag“ wird von Konsumentenschützerinnen und ‑schützer immer wieder kritisiert. Ulrike Weiß von der Arbeiterkammer Oberösterreich fordert ein Ende der Preisdiskriminierung nach Ländern. Marktstarke Markenproduzenten würden ihre Produkte in Österreich gezielt teurer verkaufen. Nun hat auch die EU-Politik das Thema aufgegriffen – ein wichtiges Zeichen, so Weiß.
Die Arbeiterkammer fordert außerdem eine transparente Vergleichsplattform für Lebensmittelpreise, ähnlich dem bestehenden Spritpreisrechner, damit Konsumentinnen und Konsumenten sich besser orientieren können.
Armutsgrenze rückt näher
Doch für viele Menschen ist auch der Einkauf in Österreich selbst kaum mehr zu stemmen. Michaela Haunold von der Caritas berichtet von einem dramatischen Anstieg der Hilfsgesuche: In den letzten fünf Jahren habe sich die Zahl der Anfragen um rund 50 Prozent erhöht. Immer häufiger müssen Familien beraten werden, ihr Eigenheim zu verkaufen, weil sie es finanziell nicht mehr tragen können.
Während die Ausgaben für Unterstützungsleistungen steigen, bleiben die Spendeneinnahmen gleich – die Schere geht weiter auseinander. Dadurch müsse laut Caritas besonders streng geprüft werden, wer noch Hilfe bekommt und wer nicht.
Quelle: ORF