HomeFeuilletonWissenschaftAlgen in der Arktis enthalten Unmengen an Mikroplastik

Algen in der Arktis enthalten Unmengen an Mikroplastik

Eine kürzlich veröffentlichte Studie erklärt, wie sich Mikroplastik in arktischen Algen verfängt, von Fischen gefressen wird und später seinen Weg in den menschlichen Darm findet.

Die Plastikverschmutzung ist schon lange zu einem globalen Problem geworden. Von den 9,2 Milliarden Tonnen Kunststoff, die zwischen 1950 und 2017 produziert wurden, landeten nach Schätzungen der Vereinten Nationen etwa sieben Milliarden Tonnen als Abfall auf Deponien oder im Müll. Im März 2022 einigten sich 175 Nationen auf der UN-Umweltversammlung in Nairobi darauf, bis 2024 ein rechtsverbindliches Abkommen zur Plastikverschmutzung auszuarbeiten. Umweltverschmutzung durch übermäßige Produktion von Müll ist zwar menschengemacht, jedoch vor allen Dingen kapitalismus- und kapitalistengemacht – ein Symptom der Überproduktion und der geplanten Obsoleszenz. 

Vor allem die Arktis leidet unter den Abfällen, die durch Meeresströmungen, Flusssysteme und Luftströmungen aus anderen Regionen der Welt eingeschleppt werden. Der Müll wird aus anderen Regionen der Welt eingeschleppt und kontaminiert zunächst die Flora, dann die Fauna der Region.

Melosira arctica enthält zehnmal so viele Mikroplastikpartikel wie das umgebende Meerwasser

Eine am Freitag veröffentlichte Studie unter Leitung des deutschen Alfred-Wegener-Instituts, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) ergab, dass die Alge Melosira arctica, die unter dem arktischen Meereis wächst, zehnmal so viele Mikroplastikpartikel wie das umgebende Meerwasser enthält. Die Ansammlung von Plastik und Schadstoffen an der Basis des Nahrungsnetzes im Meer stellt eine Bedrohung für Lebewesen dar, die an der Oberfläche Algen fressen. Wenn abgestorbene Algen zu Klumpen werden, können sie das Plastik und seine Schadstoffe schnell in die Tiefsee transportieren und somit die hohen Konzentrationen von Mikroplastik im Sediment erklären.

„Wir haben endlich eine plausible Erklärung dafür gefunden, warum wir auch im Tiefseesediment immer im Bereich des Eisrandes die größten Mengen von Mikroplastik finden“, sagt Melanie Bergmann, Leiterin des Forschungsteams. Mikroplastik wird nämlich durch die Algen direkt zum Meeresboden befördert:

„Die Algen befördern Mikroplastik auf direktem Weg mit nach unten zum Meeresboden, darum messen wir unter der Eiskante höhere Mikroplastikmengen. Normalerweise sinken die als Meeresschnee bezeichneten Aggregate aus Algenresten langsamer und werden von Wasserströmungen seitwärts abgetrieben, so dass der Meeresschnee weiter weg landet,“ schlüsselt Bergmann die komplexen Vorgänge auf.

„Wie in einem Aufzug zum Meeresboden“

Während einer Expedition mit dem Forschungsschiff Polarstern im Sommer 2021 sammelte das Team Proben von Melosira-Algen und dem Umgebungswasser von Eisschollen. Die Proben wurden dann vom Ocean Frontier Institute (OFI), der Dalhousie University und der University of Canterbury analysiert.

Die Algen sammeln mit ihrer klebrigen Textur das Mikroplastik aus dem Meerwasser, aus atmosphärischen Niederschlägen, dem Umgebungseis und aus allen möglichen weiteren Quellen. Einmal im Algenschleim eingeschlossen, wandert Mikroplastik „wie in einem Aufzug zum Meeresboden oder wird von Meerestieren gefressen“, erklärte Deonie Allen von der Universität Canterbury und der Universität Birmingham.

Da Eisalgen eine wichtige Nahrungsquelle für viele Tiefseeorganismen sind, kann Mikroplastik in das Nahrungsnetz gelangen. Eine frühere Studie hatte bereits gezeigt, dass Eisalgen auch eine wichtige Nahrungsquelle an der Meeresoberfläche sind.

Mikroplastik im menschlichen Körper nachgewiesen

Dies könnte erklären, warum Mikroplastik besonders stark unter eis-assoziierten Zooplankton-Organismen verbreitet war, wie schon eine frühere Studie unter AWI-Beteiligung gezeigt hatte. So kann es auch hier in die Nahrungskette gelangen, wenn das Zooplankton von Fischen und diese von Robben und Seevögeln und diese wiederum von Eisbären gefressen werden.

Auf diesem Weg kann Mikroplastik problemlos in die menschliche Nahrungskette gelangen, so die Studie. In der detaillierten Analyse wurden zahlreiche Kunststoffarten in der Arktis identifiziert, darunter Polyethylen, Polyester, Polypropylen, Nylon und Akryl. Ganz direkt davon betroffen sind die Bewohnerinnen und Bewohner der Arktis selbst:

„Gerade die Menschen in der Arktis sind für ihre Proteinversorgung besonders auf das marine Nahrungsnetz angewiesen, beispielsweise durch die Jagd oder Fischerei. Das heißt, dass sie auch dem darin enthaltenen Mikroplastik und Chemikalien ausgesetzt sind. Mikroplastik wurde bereits in menschlichen Darm, Blut, Venen, Lungen, Plazenta und Brustmilch nachgewiesen und kann Entzündungsreaktionen hervorrufen, doch die Folgen sind insgesamt noch kaum erforscht“, berichtet Melanie Bergmann.

Quellen: innovationsreport / teleSUR

- Advertisment -spot_img
- Advertisment -spot_img

MEIST GELESEN