HomeInternationalesBesties der Bonzen. Teil 1: Bündnis 90/Die Grünen

Besties der Bonzen. Teil 1: Bündnis 90/Die Grünen

Viele setzen große Hoffnungen in die Klima- und Umweltpolitik der deutschen Ökos. Diese werden schon jetzt enttäuscht.

Berlin/Wiesbaden/Stuttgart/Wien. Die Bundestagswahl ist entschieden, bevor sie stattfindet: Sieger ist das deutsche Großkapital. Warum das so ist, soll eine kleine Serie darlegen. Die ZdA sieht sich die drei aussichtsreichsten wahlwerbenden Parteien an – und die LINKE. Dabei konzentrieren wir uns auf das Verhältnis dieser Parteien zur Bourgeoisie. Denn die Parteien im Bundestag sind – inklusive entscheidender Teile der LINKEn – Besties der Bonzen. Den Anfang dieser kleinen Serie macht das Bündnis 90/Die Grünen.

Etablierte Kriegstreiber

Die deutschen Grünen sind seit den Achtzigern etabliert. Sie haben wie anderswo ihre Wurzeln in der 68er-Bewegung, in der Hausbesetzer- und natürlich Öko-Szene. Nach einigen Landesregierungen beteiligten sie sich unter Gerhard Schröder (SPD) an der Bundesregierung. Dabei zerschlugen sie als Unterstützer der Hartz-Reformen den deutschen Sozialstaat, führten Zwang für Arbeitslose und Verschärfungen im Asylrecht ein. Und sie brachen mit einem alten Grundsatz: Dem Pazifismus. Die Grünen beteiligten sich wie ihre österreichischen FreundInnen am dritten deutsch-österreichischen Angriffskrieg gegen Serbien/Jugoslawien innert 100 Jahren (1914, 1941, 1999). Und 2001 stimmten sie für die Invasion Afghanistans. An Schröders Selbstüberschätzung zerbrach die Regierung schließlich und die Ära Merkel folgte, die bekanntermaßen nichts substanziell änderte. Die Bundeswehr verließ Afghanistan im Chaos, das System Hartz steht noch.

Das alles brachte den Grünen Sympathien bei zuvor skeptischen DAX-Vorständen ein. Joschka Fischer, einst Außenminister unter Schröder, größter grüner Kriegstreiber und Holocaust-Verharmloser, ist heute Lobbyist, unter anderem für BMW.

Baerbock punktet bei Jungen?

Dieses umfangreiche Hintergrundwissen und diese Einordnung kann man nicht jedem Menschen zutrauen, weder Erwachsenen noch Jungen. Es überrascht also nicht, dass die grüne Spitzenkandidatin Annalena Baerbock Meter beim jungen Wahlvolk macht. Bei spießigen Boomern punktet sie sowieso.

Baerbocks Erfolg bei der Jugend zeigt sich etwa bei Blitzumfragen nach „Triellen“, also den TV-Konfrontationen Baerbocks mit Armin Laschet (CDU) und Olaf Scholz (SPD).

Das heißt aber nicht, dass die deutschen Grünen auch bei den relevanten politisierten Jugendlichen punkten. So ruft Fridays for Future (FFF) Deutschland zwar zur Wahl als „Klimawahl“ auf. Sie enthalten sich aber bewusst einer Empfehlung. Die Graswurzel-Organisation verweist auf den Umfrage-Service „Klimawahlcheck“. Das ist eine Seite ähnlich dem Wahl-O-Mat, spezialisiert auf Umwelt- und Klimaprogramme der deutschen Parlamentsparteien. Bei beiden Services fällt auf, dass DIE LINKE in vielen Fällen radikalere (und sozialere) Umwelt-Positionen vertritt als die Grünen.

Die Zurückhaltung bei FFF Deutschland könnte mit Fraktionen zu tun haben. Während Social-Media-Accounts der Bundes-Organisation und einiger Lokalgruppen immer wieder dezidiert antikapitalistisch auftreten, sind die prominentesten SprecherInnen (etwa Luisa Neubauer) zwar auch kämpferisch im Ton, geben sich sonst aber seriös und treten immer offener mit Greenpeace auf. Das zeigt etwa diese arte-Doku zur Geschichte der Öko-Organisation. 

Offenbar gibt es bei FFF – wie bei der grünen Partei – schon angepasste bis reaktionäre „Realos“ einerseits und kompromisslose „Revoluzzer“ andererseits. Diese werden zurecht nicht grün wählen.

Annalena Baerbock und ihr Co-Kandidat Rainer Habeck sprechen sich für einen Kohleausstieg bis 2030 aus. Daran führe kein Weg vorbei, wolle man die Pariser Klimaziele erreichen, so Bündnis 90.

Das ist eine vernünftige und lebensbejahende Position. Keine andere erwartet man von einer Partei, deren Farbe von Anfang an bewusst mit Ökologie verbunden wird.

Für Flughafen und Autobahn

Realpolitisch sieht es freilich anders aus. Das sieht man nicht nur an Joschka Fischer, aber gerade bei seiner alten Landespartei. In Turnschuhen führte er sie 1985 in die hessische Landesregierung unter der SPD. Heute sind seine Nachfolger Juniorpartner der CDU. Die hessische CDU-Landesgruppe tat sich in der Vergangenheit immer wieder als besonders bürgerlich hervor, also als rassistisch und kapitalhörig.

Umso ironischer wirkt es, dass diese CDU das Wirtschafts- und Verkehrsressort dem Sohn eines Jemeniten übertrug: Der Offenbacher Politologe Tarek Al-Wazir fördert den Ausbau des Frankfurter Flughafens – trotz Protesten aus den eigenen Reihen, aus Umweltschutz-NGOs und von Anrainergemeinden, die seit Jahrzehnten unter dem Fluglärm leiden.

Al-Wazir verwehrt sich auch gegen Kritik wegen eines Autobahn-Ausbau-Projekts. Dabei argumentiert er wie Österreichs Grüne sehr legistisch: Er sei sein Leben lang gegen die A49 gewesen, aber als Minister respektiere er die Gesetze. 2020 wurden Blockaden gegen die A49 polizeilich weg geprügelt.

Der Ausbau wird als Public Private Partnership (PPP) abgewickelt. Private und staatliche Investoren finanzieren den Ausbau und dürfen dafür in den kommenden Jahrzehnten die lokale LKW-Maut kassieren. Dazu gehören die KfW, die EU-eigene EIB, die tschechische ČSOB-Bank und die Munich Re. Gebaut und betrieben wird der neue Abschnitt übrigens von der STRABAG.

Fridays-For-Future-Demo, Köln, März 2019. (Foto: NiklasPntk, Pixabay)

Vollkornliberale Dreckspatzen

In Hessens Nachbarland Baden-Württemberg regiert seit 2011 der Öko-Katholik Winfried Kretschmann. Er gibt sich (wie Kaspanaze Simma aus dem Ländle) als wertkonservativ und wirtschaftsliberal. Kretschmann regierte zunächst mit der SPD. Seit 2016 ist die CDU sein Juniorpartner. Der Abgeordnete outete sich früh als Gegner des umstrittenen Bahnhofsprojekts „Stuttgart 21“. Der Ministerpräsident tat aber nichts wirksames, um es zu stoppen. Auch sonst ist Kretschmann eher zaghaft bis freundlich gegenüber dem Badenser und schwäbischen Kapital, besonders dem alten. Im aktuellen Wahlkampf spricht er wieder viel von Dekarbonisierung und „Industrie 4.0“. Der Anteil der erneuerbaren Energien im klassischen Kohle- und Atom-Land wächst zwar stetig, aber zu langsam. Beim Endverbrauch liegt der Anteil momentan bei 16 Prozent. Nach der Stilllegung eines AKW und mit Corona mussten zuletzt 65,8 Prozent des Stroms importiert werden. Seine genaue Zusammensetzung war mangels Daten unklar.

Wenn sich die deutschen Grünen auf Bundesebene also als Umweltpartei gerieren, muss man ihnen entgegenhalten. Sie sind allenfalls mutlose, vollkornliberale Dreckspatzen, wie Hessen und Baden-Württemberg zeigen.

Trotz alledem dürfte die Partei gerade wegen der neuerlich aufwallenden Klima-Debatte deutlich an Stimmen zugewinnen. Die ZDF-eigene Forschungsgruppe Wahlen sieht sie aktuell bei 16 Prozent. Bei der letzten Wahl 2017 holte sie 8,9 Prozent. Die Grünen stehen laut neuesten Zahlen hinter der SPD mit 25 und der CDU mit 22 Prozent. Diese Zahlen entsprechen – mit erwartbaren statistischen Abweichungen – dem Gros der seriösen Umfragen. Sollten sie in eine Regierung kommen, werden sie wie Österreichs Grüne paragrafentreue Vollstrecker.

Quellen: JF&C/ZDF/FFF/Klimawahlcheck/Hessenschau/STRABAG/Umweltministerium Baden-Württemberg/Forschungsgruppe Wahlen

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