HomeInternationalesOrbán triumphiert bei ungarischer Parlamentswahl

Orbán triumphiert bei ungarischer Parlamentswahl

Die weitgehend vereinigte Opposition konnte bei der Parlamentswahl in Ungarn keinen Regierungswechsel herbeiführen und erlitt eine deutliche Niederlage. Die Neofaschisten schaffen den Einzug, die „Linksallianz“ bleibt chancenlos.

Budapest. Bei und nach der Parlamentswahl in Ungarn bleibt alles beim Alten: Die nationalkonservative „Bürgerbund“-Partei FIDESZ von Ministerpräsident Viktor Orbán erreicht im Bündnis mit der „Christlich-Demokratischen Volkspartei“ (KDNP) mehr als 53 Prozent der Stimmen (plus 3,82 Prozentpunkte), was sich im Parlament mit 135 Mandaten (plus zwei) und einer Zweidrittelmehrheit niederschlägt. Denn nur 93 der 199 Sitze werden proportional verteilt, während 106 Direktkandidaten in den Wahlkreisen nach dem Mehrheitswahlrecht bestimmt werden. Diese Regelung bevorzugt natürlich größere Parteien oder Bündnislisten.

Daher hat sich die Opposition für die Wahl 2022 zum Großteil in der Anti-Orbán-Liste „Gemeinsam für Ungarn“ (EM) vereint und zusammen kandidiert – ein inhaltlich absurdes Bündnis, das von den Sozialdemokraten (MSZP) über die grünen Organisationen LMP und Párbeszéd, die liberale Momentum-Bewegung, die sozialliberale „Demokratische Koalition“ von Ex-Regierungschef Gyurcsány, den explizit katholisch-konservativen Spitzenkandidaten Márki-Zay bis hin zur Partei „Jobbik“ reicht, die vor nicht allzu langer Zeit noch zurecht als rechtsextrem, am Rande des Neofaschismus stehend galt. Doch selbst diese buntscheckige Oppositionsallianz von Mitte-links bis weit Rechts war nicht in der Lage, Orbán gefährlich zu werden. Das Ergebnis von 35 Prozent (minus zwölf) und 56 Mandaten markiert eine deutliche Niederlage.

Ein kleine, durchaus unangenehme Überraschung gelang der rechtsradikalen und rassistischen „Bewegung Unsere Heimat“ (MHM), die bei ihrem erstmaligen Antreten auf 6,15 Prozent und sieben Parlamentssitze kommt – bislang war sie nur durch zwei übergetretene ehemalige Jobbik-Abgeordnete in der Legislative präsent. Ein Mandat ging an die konservative Liste der deutschsprachigen Minderheit. Alle anderen Parteien und Listen verfehlten den Einzug in das Parlament zu Budapest, darunter die Satirepartei „Zweischwänziger Hund“ und die Impfgegnerpartei „Normal“. Es galt allerdings nicht nur eine Fünfprozenthürde für Einzelparteien, eine Zehnprozenthürde für Koalitionen aus zwei Parteien und eine Fünfzehnprozenthürde für noch größere Allianzen, sondern es existieren in Ungarn weitere Einschränkungen im passiven Wahlrecht: Nur solche Parteien, die in mindestens 71 der 106 Wahlkreise Direktkandidaten aufstellen, können auch an der proportionalen Sitzverteilung teilnehmen – ansonsten bleibt man ohnedies ausgeschlossen.

Dieses Schicksal traf auch auf die „Linke Allianz“ zu, die in nur 49 Wahlkreisen kandidierte. Sie wurde aus der linksreformistischen Bewegung „Ja – Solidarität für Ungarn“ (ISZOMM) und der Ungarischen Arbeiterpartei (Magyar Munkáspárt) gebildet. Ihre Kandidaten konnten sich freilich nirgends durchsetzen, der Stimmenanteil wird mit 0,16 Prozent ausgegeben (8.307 Stimmen). Bei den letzten Wahlen 2018 hatte die MP allein noch doppelt so viele Stimmen auf sich verbuchen können.

In den österreichischen wie EU-Medien ist der Jammer groß über den souveränen Wahlsieg der FIDESZ und Orbáns – und in der Tat kann man wenig Gutes über die bisherige und künftige Regierung sagen. Man sollte aber nicht vergessen, dass Viktor Orbán eine Kreation der westeuropäischen „Demokratisierung“ und Wirtschaftsliberalisierung nach der Konterrevolution von 1989/90 ist: Er wurde in den 1990er Jahren als angeblicher jungdemokratischer, „proeuropäischer“ Hoffnungsträger aufgebaut, zunächst von der Liberalen Internationale, dann von der Europäischen Volkspartei – und wurde 1998 prompt erstmals Ministerpräsident. Auch heute noch ist die FIDESZ Mitglied der „Internationalen Demokratischen Union“, der auch die österreichische ÖVP und die deutsche CDU angehören, obwohl man Orbán inzwischen die Schaffung einer „antieuropäischen“ und „illiberalen Demokratie“ vorwirft.

Quelle: ORF

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