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SPD gibt sich auf: Scholz Kanzlerkandidat

Die Sozialdemokratie der BRD will mit Olaf Scholz das Kanzleramt erobern. Der Anspruch ist gewagt, doch mit der Realität hat man es bei der SPD ja nicht so.

Berlin. Präsidium und Parteivorstand der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) nominierten am 10. August Olaf Scholz einstimmig als „Kanzlerkandidaten“ – er soll die marode Partei in den Bundestagswahlkampf im Herbst 2021 führen. Zwar wurde diese Entscheidung zuletzt bereits erwartet, doch ist sie nicht frei von Ironie, um es euphemistisch zu formulieren: Erst im November 2019 hatte sich Scholz erfolglos um das Amt des SPD-Vorsitzenden beworben, war aber in der Stichwahl der Mitglieder gegen Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans mit 45% gegen 53% unterlegen. Aber macht ja nix! Wer nicht einmal das Zeug zum und das Vertrauen der eigenen Mitgliedschaft für den Parteivorsitz hat, kann natürlich immer noch Bundeskanzler werden. Hey, warum nicht? Mehr noch: Scholz wird bei dem Ansinnen sogar von Esken und Walter-Borjans begeistert unterstützt…

Scholz als Vertreter der Asozialdemokratie

Olaf Scholz ist seit März 2018 amtierender Vizekanzler und Finanzminister in der Regierungskoalition aus CDU/CSU und SPD (Kabinett Merkel IV). Zuvor war er u.a. Bürgermeister von Hamburg (2011–2018), Bundesminister für Arbeit und Soziales (2007–2009) sowie SPD-Generalsekretär (2002–2004). Wie bei so ziemlich allen Sozialdemokraten ist von seiner einst „radikalen“ Juso-Zeit inhaltlich nichts mehr übrig – im Gegenteil: Er gilt selbst in der völlig verlotterten SPD als Rechter. Er ist eher eine Art Asozialdemokrat. Scholz zeichnet z.B. verantwortlich für menschenrechtswidrige Polizeibefugnisse und den G‑20-Einsatz von Hamburg 2017, als entschiedener „Schröderianer“ für die Anhebung des Rentenalters unddie Nichterhöhung der Hartz-IV-Regelsätze. Seine Rolle in den Cum-Ex- und Wirecard-Skandalen ist zu hinterfragen. 2009 gab er öffentlich zu Protokoll, dass er mit der ohnedies harmlosen reformistischen Linkspartei größere Differenzen hätte als mit allen anderen Bundestagsparteien, d.h. inklusive Union und radikalkapitalistischer FDP. Wer solche „Sozialdemokraten“ hat, braucht sich über nichts mehr wundern.

Vom Kanzlertraum ins politische Nirvana

Jetzt könnte man freilich fragen: Warum benötigt eine Partei, die in den Umfragen beständig bei 15% herumlungert, überhaupt einen „Kanzlerkandidaten“? Die CDU wird, auch ohne Angela Merkel, zweifellos mit Abstand als erste durchs Ziel gehen, und auch die Grünen werden bei der Bundestagswahl vor der SPD landen. Im Willy-Brandt-Haus sollte man sich wohl eher darauf konzentrieren, zumindest die AfD auf Abstand zu halten. Kurz gesagt: Eine SPD-geführte Bundesregierung ist völlig außer Reichweite, vielmehr droht ein historischer Tiefststand an SPD-Stimmen und Mandaten. Der Kanzleranspruch wirkt realitätsfern bis lächerlich – und es wird auch schwierig genug, als Juniorpartner in eine Regierung zu kommen, egal wie billig man sich hingibt. Aber offenbar vertritt man in der SPD-Führung die Illusion, Scholz könne den Karren aus dem Dreck ziehen. Die Wahrheit ist jedoch: Er wird ihn noch weiter festfahren. Als sozialreformerische Partei der Arbeiterklasse ist die SPD längst Geschichte, eine Partei des revolutionären Klassenkampfes und des Sozialismus ist sie spätestens seit 1914 nicht mehr. Inzwischen kann sie jedoch nicht einmal mehr als willfähriger Handlanger zumindest ausgewählter Teile des BRD-Monopol- und Finanzkapitals punkten: Die SPD ist nutzlos und kontraproduktiv. Man könnte sie getrost abschaffen, aber daran arbeitet sie selbst ja ohnedies recht engagiert.

Quelle: Frankfurter Allgemeine Zeitung

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