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Ukraine: Schwarze Flüchtlinge werden nicht durchgelassen

Selbst in einer akuten Kriegssituation wird von den ukrainischen Behörden Racial Profiling angewandt und im Vorhinein klargestellt, wer ein Recht auf Rettung hat und wer nicht.

Ukraine. Es mehren sich Nachrichten über unmenschliche Vorkommnisse an den ukrainischen Grenzen bei der Flucht aus den Kriegsgebieten. Viele afrikanischstämmige Bewohnerinnen und Bewohner der Ukraine klagen darüber, dass bei der Flucht Ukrainerinnen und Ukrainer mit weißer Hautfarbe bevorzugt werden – sie werden schneller in Busse gelassen, sie werden nicht grundlos an der Grenze aufgehalten und ebenso nicht grundlos zusammengeschlagen. Im Jubeltaumel der Glorifizierung der Ukraine hat man (wieder mal) vergessen, wie xenophob und rassistische die dortigen Regierungen seit 2014 geworden sind.

Kollateralschäden des Imperialismus

Seit der russischen Invasion auf die Ukraine mehren sich die Flüchtlingsströme. Es ist wieder ein Beweis dafür, dass Menschen, egal welcher Hautfarbe, nicht aus Jux heraus ihre Heimat verlassen, um als sogenannte Wirtschaftsflüchtlinge in EU-Staaten groß abzukassieren. Sie flüchten aus Gebieten, die zerbombt werden und sie flüchten eindeutig, um zu überleben, weil ihnen nichts anderes mehr übriggeblieben ist. Es ist auch wieder ein Beispiel dafür, wie die EU und die USA seit Jahren von der Destabilisierung eines Landes profitieren konnten und am Ende, bei Kriegsausbruch, riesige Flüchtlingsströme erwarten können, als Resultat zwischenimperialistischer Auseinandersetzungen. In der Tat ist die NATO meistens für beides verantwortlich, für die Destabilisierung, die Ausbeutung und damit einhergehende Verelendung der Bevölkerung und schlussendlich auch für den Krieg. Die Invasion hat diesmal die Russische Föderation übernommen. Das bedingt auch eine propagandistisch aufgeheizte frohe Aufnahme der Flüchtlinge aus der Ukraine, eine eher seltene Erscheinung im Westen. Wieviel sich davon im Schall und Rauch der heuchlerischen EU-Politik auflösen wird, wieviel davon der Wahrheit entspricht, steht in den Sternen. Laut Bundeskanzler Nehammer sollen die ukrainischen Flüchtlinge bleiben können – zumindest für ein Jahr und in diesem Jahr sollen sie auch Zugang zum Arbeitsmarkt bekommen. Tatsächlich wird die Mehrheit der Flüchtlinge nicht nach Österreich kommen, sondern etwa nach Polen, Rumänien, Ungarn – Länder also, die eine ähnliche Auffassung von Nächstenliebe haben, wie sie die Ukraine sehr häufig von behördlicher und staatlicher Seite an den Tag gelegt hat. Wichtig scheint jetzt für die Regierungen in der EU auf jeden Fall so zu tun, als wäre man bereit Flüchtlinge aufzunehmen und ihnen zu helfen. 

Feststeht außerdem, dass nicht allen dieselben Chancen auf Rettung durch Flucht gegönnt sein werden. Die Meldungen mehren sich und werden immer lauter, dass die ukrainischen Grenzpatrouillen sehr genau auf die Hautfarbe achten, wenn es darum geht, wer in die Fahrzeuge darf und wer nicht. Diese Nachrichten stammen nicht aus den russischen Medien, sondern aus westlichen, die im Moment sehr stark darauf getrimmt sind, die ukrainischen ultranationalistischen und faschistischen Eskapaden der letzten Jahre unter den Teppich zu kehren. Der Opferstatus gebührt nicht den Frauen und Kindern im Donbass, die seit acht Jahren gezielt beschossen werden, sondern den Frauen und Kindern in den von der russischen Armee besetzten Gebieten.

Es sind dies etwa die Tagesschau, der Standard, die Zeit – keine russlandfreundlichen Medien also. Auch die ZdA berichtete zeitnah über den Fall von afrikanischen Studentinnen und Studenten, die, bereits auf der polnischen Seite, von den Grenzpatrouillen aussortiert und am Passieren gehindert wurden. Und dies wohlgemerkt nicht etwa wegen ihres schlechten Benehmens oder irgendwelcher offener Rechnungen, sondern aus der einfachen Tatsache heraus, dass sie die falsche Hautfarbe hatten.

Ronald Manga

Der Fall von Ronald Manga ist in der aktuellen Situation keine seltene. Manga ist ein 27-jähriger Kameruner, der Politikwissenschaften in Kiew studiert und mit einer Ukrainerin verheiratet ist. Als der Krieg ausbrach, setzten sich die beiden in den Zug nach Lwiw und liefen etwa 40 Kilometer bis zur polnischen Grenze. An der Grenze zu Polen wird er von seiner Familie getrennt – sie dürfen passieren, er nicht: „Sie haben anfangs nur ukrainische Frauen und Kinder durchgelassen“, schildert er später die Situation. Er musste warten und die Schikanen der ukrainischen Soldaten mitansehen, die schwarze Frauen mit Babys und Kindern nicht durchließen. Er wollte wissen, warum das so ist.

„Das ist rassistisch, also bin ich für meine Schwestern aufgestanden“

Er fordert die Grenzsoldaten auf, auch diese Mütter mit ihren Kindern durchzulassen, woraufhin er weggeschubst wird. Daraufhin kommen noch drei ukrainische Grenzbeamte hinzu, umzingeln ihn und schlagen drauflos. Ein Soldat schlägt drei Mal zu und schreit ihn an: „Halt deine Fresse!“. Ronald Manga ist schockiert und traumatisiert von der Behandlung der ukrainischen Behörden.

Er ist kein Einzelfall. Während die Medien vorerst nur zögerlich über die Traktierung afrikanischer Flüchtlinge berichteten und die Sache nicht besonders ernst nahmen, tauchen nun täglich Äußerungen von Flüchtlingen selbst durch die sozialen Medien auf. Kritik kam etwa von der Afrikanischen Union, die darauf aufmerksam machte, dass es rassistisch und ein Bruch internationalen Rechts darstellt, Afrikanerinnen und Afrikaner daran zu hindern, während eines Konflikts internationale Grenzen zu überqueren.

Mit Waffen bedroht

Eine indische Frau, die ihren Namen aus Angst vor Repressalien nicht nennen wollte, erzählte sogar, dass man auf sie und andere Inderinnen die Gewehre richtete, als sie über die Grenze wollten. In Medyk wollte sie mehrere Male die Grenze passieren, doch wurde sie jedes Mal von den Grenzbeamten gehindert. Die Gewehre auf die indischen Frauen gerichtet, sagten die Soldaten: „Wir schießen, wenn ihr nicht wartet.“

Flüchtlingshelferinnen und ‑helfer berichten darüber, dass Menschen nichtweißer Hautfarbe teilweise 48 Stunden warten müssten, bis sie endlich weiterkämen. Dabei sind sie auf sich allein gestellt, sie müssen ohne Nahrung und Wasser viele Stunden in der eisigen Kälte verbringen. Chandramohan Nallur, der schon vielen Inderinnen und Indern dabei geholfen hat, die Grenze zu passieren, berichtet von solchen und ähnlichen Fällen. Mehr als 3000 Inderinnen und Inder warteten noch auf die Erlaubnis der Grenzüberquerung. Viele kommen mit geschwollenen Gliedmaßen in Polen an, das sie „mit Schlagstöcken“ brutal zurückgedrängt werden. Nach der Ankunft müssen viele ob der brutalen Behandlung der ukrainischen Grenzsoldaten sofort im Krankenhaus behandelt werden.

Quellen: Die Zeit/Tagesschau/Morgenpost/Der Standard/Zeitung der Arbeit

BILDQUELLEVia Pexels
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