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EPU-Pleitewelle im Anrollen

So genannte „Ein-Personen-Unternehmen“ sind zumeist nur eine spezielle Form der kapitalistischen Ausbeutung – nun droht im EPU-Bereich ein massiver Anstieg der ohnedies häufigen Pleiten.

Wien. In Österreich gab es per Jahreswechsel 2019/20 genau 318.794 Ein-Personen-Unternehmen (EPU). Dies sind gewerbliche Unternehmen, die ohne unselbständig Beschäftigte und ohne Mitunternehmer agieren, d.h. tatsächlich nur einen einzigen Menschen als „Einzelunternehmer“ umfassen. Diese „neue Selbstständigkeit“ wird oft als eine Art Heilmittel gegen Arbeitslosigkeit beschworen, in Wirklichkeit soll sie einerseits den tatsächlichen Unternehmen Sozialabgaben und Löhne ersparen, andererseits die Arbeiterklasse spalten und ihre Angehörigen individualisieren. Denn allzu oft handelt es sich bei EPUs – wie bei Werkverträgen und freien Dienstnehmern – schlicht um eine inszenierte Scheinselbständigkeit: Viele EPUs sind sehr wohl von bestimmten Geschäftspartnern und Auftraggebern abhängig und auf diese orientiert – diese wollen aber eben keine wirklichen Anstellungen vornehmen. Daher müssen sich diese Dienstleister und Handwerker selbst organisieren und die volle Verantwortung ohne sinnvolle soziale Absicherung tragen.

Ausbeutungsmethode des Kapitalismus

Freilich ist das kapitalistische EPU-Konzept nicht nur irreführend, sondern es funktioniert auch nicht: Ein Drittel aller EPUs überlebt die ersten drei Jahre nach ihrer Gründung nicht – die Abhängigkeit von Marktschwankungen, Preisdruck durch größere Konkurrenten und Abnehmer, unflexible und unrealistische SVS-Forderungen, Bürokratie sowie persönliche Überforderung vernichten immer wieder diese ökonomischen Existenzen. Die einzige Antwort des Kapitalismus lautet: Dann müssen eben immer wieder neue EPUs gegründet werden, die dann abermals für eine Zeitlang laufen. Obwohl die EPU-„Betreiber“ mittlerweile eine Mehrheit der Wirtschaftskammermitglieder stellen, werden sie von dieser wenig beachtet – das Interesse der WKO gilt freilich den tatsächlichen Unternehmern und deren Profiten (und hier wiederum mehr den großen als den KMUs). Unter diesen problematischen Bedingungen treffen Epidemiefolgen und Wirtschaftskrise die EPUs besonders hart: Die „Hilfe“ der Bundesregierung ist realitätsfern und völlig unzureichend, obwohl sie gerade in diesem Bereich höchst notwendig gewesen wäre, zumal viele EPUs mit massiven oder sogar Totalausfällen beim Einkommen kämpfen, aber weiter ihre Fixkosten begleichen müssen.

Corona und Krise forcieren Insolvenzen

Sonja Lauterbauch vom unabhängigen EPU-Forum stellte nun in Aussicht, dass absehbar eine immense Pleitewelle bei den EPUs droht, weswegen es dringend zusätzliche, verlängerte und neue Maßnahmen der Bundesregierung bräuchte. Diese könnten die Vernichtung zigtausender finanzieller und beruflicher Existenzen zwar nicht mehr verhindern, aber zumindest abmildern. Die komplette Wahrheit ist, dass regelmäßige EPU-Pleiten eben zum gegenwärtigen Kapitalismusmodell gehören, sie gehören mit zum Ausbeutungs- und Unterdrückungssystem des Kapitals gegenüber den arbeitenden Menschen – und in der Krise gehören die EPUs natürlich erst recht zu den ersten Opfern, die von der Regierung des Kapitals und der WKO in Kauf genommen werden. Die meisten EPUs stellen eben keineswegs Unternehmertum dar, sondern nur eine verschleierte Form kapitalistischer Lohnarbeit und der maximalen Verwertung der menschlichen Arbeitskraft für Profitzwecke – in diesem Sinne geht auch hier um den Klassenkampf der Eigentumslosen gegen die Bourgeoisie und nichts Anderes.

Quelle: ORF

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