Bregenz. Vor einem Jahr begann das Landeskrankenhaus Bregenz mit der Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen. Trotz anfänglicher Debatten und Proteste hat sich der Eingriff inzwischen zu einem festen Bestandteil des klinischen Alltags etabliert.
Laut Michael Rohde, dem gynäkologischen Leiter des Krankenhauses, wurden im ersten Jahr 280 Abtreibungen vorgenommen – eine Zahl, die nahe an den ursprünglich kalkulierten 300 liegt. Die Mehrheit der Patientinnen stammt aus Vorarlberg und befindet sich im Alter zwischen 25 und 35 Jahren. Diese Daten zeigen deutlich, dass das Angebot nicht nur notwendig, sondern auch gut angenommen wird. Zwei von drei Frauen entscheiden sich für die medikamentöse Methode mittels Abtreibungspille, die einen chirurgischen Eingriff überflüssig macht.
Rohde stellt auch klar, dass Schwangerschaftsabbrüche Frauen aus allen gesellschaftlichen Schichten betreffen. Es gibt keine auffällige Häufung bei bestimmten Bevölkerungsgruppen.
Zu Beginn sorgten die Abtreibungen für erheblichen medialen Wirbel und Protestaktionen von sogenannten „Lebensschützern“. Bis zu dreimal wöchentlich demonstrierten sie vor dem Krankenhaus, was für Patientinnen und Mitarbeitende eine enorme Belastung darstellte. Rohde kritisierte diesen Zustand als „inakzeptabel“ und forderte eine Bannmeile, um den Schutz und die Privatsphäre der Frauen zu gewährleisten.
Heute hat sich die Lage beruhigt. Patientinnen und das medizinische Personal können ihrer Arbeit in einem geschützten Umfeld nachgehen. Rohde zeigt sich zufrieden mit der Entwicklung: „Ich habe noch nie so viel Zuspruch und Mitarbeit wie in dieser Situation erhalten.“
Dass Schwangerschaftsabbrüche heute als „klinischer Alltag“ bezeichnet werden können, ist ein Fortschritt, der vor einem Jahr nicht selbstverständlich war. Ein Jahr nach der Einführung des Angebots in Bregenz zeigt sich: Die Möglichkeit eines sicheren und legalen Schwangerschaftsabbruchs ist ein fundamentaler Bestandteil der Gesundheitsversorgung.
Quelle: ORF