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Pleitewelle nimmt Fahrt auf

Nach den Verzögerungen durch Staatshilfen und Stundungen schlägt die kapitalistische Krise nun wieder durch: Die Zahl der Insolvenzen steigt an, betroffen sind sowohl Unternehmen als auch Privatpersonen.

Wien. Mit dem Auslaufen der meisten staatlichen Corona-Hilfen und der Steuerstundungen sowie angesichts der wieder gültigen Insolvenzantragspflicht macht sich in Österreich eine lange aufgeschobene Pleitewelle bemerkbar. Nach eineinhalb Jahren niedriger Zahlen trotz kapitalistischer Krise zeigt das erste Quartal 2022 einen Umkehrtrend: In den ersten drei Monaten des Jahres – die noch nicht einmal vorüber sind – verzeichnete der Kreditschutzverband (KSV 1870) bislang 1.011 Unternehmenspleiten, was gegenüber dem Vorjahresquartal eine Verdoppelung bedeutet. Die vorläufigen Passiva, d.h. die nicht bedienbaren Ausstände, belaufen sich auf 223 Millionen Euro (plus 56 Prozent).

Eine Verdoppelung gibt es auch bei den betroffenen Arbeitern und Angestellten: Im ersten Quartal 2021 waren rund 1.500 von Insolvenzen ihres Unternehmens betroffen, heuer sind es schon 3.000. Die größte Einzelpleite ist die Firma Polytechnik aus Weissenbach an der Triesting (NÖ), die auf den Bau von Biomasseanlagen spezialisiert war: Die Schulden betragen fast 70 Millionen Euro, 100 Beschäftigte bangen um ihre Jobs. – Prognosen für das Gesamtjahr 2022 seien schwierig, meint der KSV, doch sei durchaus mit etwa 5.000 Insolvenzen bis zum Jahresende zu rechnen. Dies würde also einen weiteren Anstieg markieren.

Auch die Privatinsolvenzen werden mehr. Hier gibt es im ersten Quartal vorerst 2.135 Schuldenregulierungsverfahren, gegenüber dem Vorjahresquartal ein Plus von knapp 20 Prozent. Die Gesamtschulden der Betroffenen belaufen sich auf 269 Millionen Euro (plus 36 Prozent). Auch bei der privaten Zahlungsunfähigkeit ist mit einem weiteren Anstieg im Jahresverlauf zu rechnen, zumindest eine Anzahl von 9.500 Fällen erscheint dem KSV realistisch. Angesichts der ungebremst weiter steigenden Preise könnte sich dies jedoch als eine zu „optimistische“ Schätzung erweisen: Immer mehr Menschen werden sich angesichts der explodierenden Teuerung zunächst Energie und Wohnkosten, manche am Ende aber auch kaum noch Lebensmittel leisten können – und die Bundesregierung schaut tatenlos zu.

Quelle: ORF

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