Die Zahlen sind erschütternd: Kärnten meldet 2025 bereits 491 Privatkonkurse – der höchste Wert im Bundesländervergleich. Gleichzeitig mussten 296 Unternehmen Insolvenz anmelden, ein Plus von über elf Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Viele dieser Fälle entstehen nicht durch „persönliches Missmanagement“, sondern durch ein wirtschaftliches System, das die Profite weniger über die Existenz der Mehrheit stellt. Die durchschnittliche Verschuldung pro Person liegt bei 89.000 Euro, während ganze Unternehmen mit Millionenbeträgen scheitern.
Doch diese Entwicklungen sind kein singuläres Phänomen. Schon 2022 warnte der Dachverband der Schuldnerberatungen vor massiven Teuerungen und einer steigenden Zahl von Privatkonkursen. Löhne, Sozialleistungen und Arbeitslosengeld reichten oft nicht, um Mieten, Energie oder Lebensmittel zu bezahlen. Die Pandemie hatte kurzfristig Zahlen gedrückt – durch Stundungen und Unterstützungen –, doch deren Ende führte zu noch gravierenderen Rückständen. Konsumkredite wurden für viele Menschen zu einer unüberwindbaren Last, nicht aber Immobilienkredite mit variablen Zinsen.
2023 offenbarte sich die Krise noch deutlicher: 18.500 Erstgespräche bei Schuldnerberatungen bedeuteten einen Anstieg um zehn Prozent gegenüber 2022. Besonders alarmierend ist die Kinderarmut: Über 350.000 Minderjährige sind von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht. Die durchschnittlichen Schulden bei Hilfesuchenden liegen bei 60.000 Euro, bei einem monatlich verfügbaren Einkommen von rund 1.400 Euro – eine Situation, die viele Menschen daran hindert, überhaupt einen Privatkonkurs durchzuführen.
Auch junge Menschen geraten immer stärker in die Schuldenfalle: 2024 betraf jeder dritte Privatkonkurs in Salzburg Personen zwischen 25 und 40 Jahren, die oft in Niedriglohnsektoren beschäftigt sind. Die Kosten-Zinsen-Spirale treibt Schulden innerhalb weniger Jahre auf das Dreifache – ein Albtraum, aus dem kaum ein individueller Ausweg existiert.
In Niederösterreich zeigt sich ein ähnliches Bild: 9.071 Menschen suchten 2023 Hilfe bei der Schuldnerberatung, Tendenz steigend. Arbeitslosigkeit, niedrige Löhne, steigende Lebenshaltungskosten und teure Energie bringen viele „unverschuldet“ in Not. Die Beratungsstellen stoßen an ihre Kapazitätsgrenzen – Berater\:innen bearbeiten im Schnitt 460 Fälle pro Jahr und können nur einen Bruchteil der Not lindern.
Die Botschaft hinter diesen Zahlen ist klar: Es sind strukturelle Probleme, keine individuellen Fehler. Prekäre Arbeitsverhältnisse, zu niedrige Sozialleistungen, steigende Fixkosten und die unaufhörliche Profitlogik des Kapitalismus zwingen Menschen in existentielle Notlagen. Während einige wenige von Immobilien, Energie und Finanzmärkten profitieren, tragen Arbeiterinnen und Arbeiter, junge Menschen und Familien die volle Last.
Wer diese Entwicklung verstehen will, darf nicht bei der Schuldfrage stehenbleiben. Die Realität zeigt: Die Verschuldung, die Armut und die Unternehmenspleiten sind kein Unglück, sondern Ausdruck eines Systems, das auf maximale Profite und soziale Ungleichheit setzt. Die Rekordzahlen der Privat- und Firmeninsolvenzen in Kärnten, Salzburg, Niederösterreich und anderswo sind ein greifbarer Beweis dafür, dass die Krise nicht zufällig kommt – sie ist systemimmanent.