Der Lobautunnel wird gebaut. Der Regierung geht es darum – und daraus machte SPÖ-Minister Peter Hanke bei der Präsentation auch kein Geheimnis – dass der Wirtschaftsstandort Ostregion an Attraktivität gewinnt. Autobahnen und Bahntrassen sind nun einmal die Lebensadern des Kapitalismus.
Wien. Verkehrsminister Peter Hanke (SPÖ) gab vor kurzem bekannt, dass das noch fehlende Teilstück der S1 zwischen Schwechat und Süßenbrunn gebaut werden soll, das schließt auch die beabsichtigte Errichtung des sogenannten Lobautunnels mit ein, ein Tunnel der 60 Meter unter der Donau das Naturschutzgebiet Lobau untergraben soll. Kritiker wie die Umweltschutzorganisationen Grennpeace und Global 2000 argumentieren, dass durch die Untergrabung der Lobau irreparable Schäden an der Natur entstehen und das Grundwasser gefährdet werden könnte, das im angrenzenden Marchfeld ohnehin durch die exzessive Nutzung für die Beregnung der Gemüseplantagen schon angezapft wird.
Minister Hanke und die Bundesstraßengesellschaft ASFINAG argumentieren, dass die S 1 Wiener Außenring Schnellstraße zwischen Schwechat und Süßenbrunn – mit dem Tunnel Donau-Lobau – als Lückenschluss im „Regionenring“ um Wien vorgesehen ist. Dadurch werde eine Entlastung für die stark frequentierten Strecken A 23 Südosttangente und A 4 Ostautobahn zwischen der Bundeshauptstadt und dem Knoten Schwechat sowie für den 22. Wiener Gemeindebezirk und zahlreiche niederösterreichischen Gemeinden erreicht .Die Gesamtlänge beträgt 19 Kilometer, davon sind 8,3 Kilometer Tunnel. Der Bau ist in zwei Abschnitte unterteilt, Baubeginn soll Mitte 2026 sein. Für die Errichtung des Tunnels fehlen noch letzte Genehmigungen.
Kapitalinteressen haben Vorrang
Wir erleben hier einen klassischen Zielkonflikt in mehrerlei Hinsicht. Der Regierung geht es darum – und daraus machte Hanke bei der Präsentation auch kein Geheimnis – dass der Wirtschaftsstandort Ostregion an Attraktivität gewinnt. Autobahnen und Bahntrassen sind nun einmal die Lebensadern des Kapitalismus. Wien ist mit diesem Lückenschluss damit rundum mit Hochleistungsstraßen versorgt, entsprechend gibt es auch rund um die Bundeshauptstadt und die angrenzenden niederösterreichischen Gemeinden genürgend Anschlussstellen in vorhandene und geplante Industrie- und Gewerbegebiete. Natürlich dient das auch den Anrainern, einerseits werden Umfahrungen geschaffen, andererseits ist man schneller am Arbeitsplatz am anderen Ende der Stadt. Auch der neugeschaffene Stadtteil Seestadt Aspern mit mittlerweile 20.000 Einwohnern wird mit einer eigenen Anschlussstelle versorgt, dort entsteht auch ein neues Industriegebiet. Auf der anderen Seite geht es den Umweltschützern um die Erhaltung eines geschlossenen und einzigartigen Ökosystems, wofür es auch ausreichend Gutachten gibt. Im Zweifelsfall – und damit wollen wir den Widerstand keineswegs kleinreden – haben Kapitalinteressen Vorrang.
Dass der Kapitalismus Hochleistungsverbindungen braucht, zeigt sich auch an der Beharrlichkeit und dem Kapitaleinsatz mit dem China die „neue Seidenstraße“ vorantreibt. Bei der Fertigstellung der S1 in diesem Abschnitt geht es nicht bloß um ein regionales Vorhaben, sondern um einen fehlenden Teil im europäischen Fernstraßennetz. Die Grünen, die sich einerseits als willfährige Diener des kapitalistischen Systems anbieten, sind andererseits in solchen Dingen störrisch. In der schwarz-grünen Vorgängerregierung hatte die damalige Umweltministerin Leonore Gewessler das Projekt gestoppt. Das dürfte der wesentlichste Grund gewesen sein, warum ÖVP und SPÖ lieber NEOS als die Grünen in der Regierung haben wollten. Es wird wohl auch kein Zufall gewesen sein, dass der vormalige Wiener Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke mit der Rolle des Verkehrsministers betraut wurde. Die enge Verbandelung zwischen SPÖ-Wien und Wirtschaftskammer Wien führt dazu, dass ein SPÖ-Stadtrat genau weiss, was das Kapital braucht. WKO und Industriellenvereinigung sind entzückt über den Bau des Tunnels.
Quelle: OTS