Eisenstadt. Die Darstellung des Wahlergebnisses in Österreichs östlichstem Bundesland ist quer durch die Medien falsch. Überall wird die SPÖ als stimmenstärkste Partei genannt, dabei stand die SPÖ gar nicht auf dem Stimmzettel. Die burgenländische Sozialdemokratie hat sich selbst längst aufgegeben. Dort wo SPÖ am Stimmzettel stehen hätte sollen, kandidierte nämlich eine „Liste Doskozil“. Die gesamte Wahlwerbung war darauf ausgerichtet, nur ja keine Verbindung des Landeshauptmanns Hans-Peter Doskozil zu seiner Partei sichtbar zu machen. Ganz so, als gäbe es die pannonische SPÖ gar nicht mehr. Das einzige, das die SPÖ durfte, war rennen und zahlen.
Landeskaiser sind im Bundesland, das erst 1921 zu Österreich kam, nach 1945 nichts Neues. Der längstdienende SPÖ-Landeshauptmann (von 1966–1987) war das ehemalige SA- und NSDAP-Mitglied Theodor Kery. Er zählte den geistigen Vater der „Endlösung der Zigeunerfrage im Burgenland“, den NS-Verbrecher und stellvertretenden Gauleiter von Graz, Tobias Portschy, zu seinen engsten Freunden und gab ihm zuliebe sogar den Ehrenschutz für Treffen des Kameradschaftsbundes ab, bei denen Portschy die Festrede hielt. Aber selbst unter Kery, der absolutistisch herrschte, stand noch SPÖ auf dem Stimmzettel.
Jene Liste Doskozil also erreichte bei der Landtagswahl 46,4 Prozent der Stimmen, das bedeutet gegenüber dem SPÖ-Ergebnis bei der Landtagswahl 2020 ein Minus von 3,6 Prozentpunkten. Die FPÖ gewann 13,3 Prozentpunkte dazu und kam auf 23,1 Prozent. Die ÖVP verlor 8,6 Prozentpunkte und wurde mit 22,0 Prozent nur mehr Dritter. Die Grünen fuhren ein Minus von 1,1 Prozentpunkten ein und bekamen 5,7 Prozent der Stimmen. NEOS und die Liste Hausverstand schafften den Einzug in den Landtag nicht. Die KPÖ oder irgendeine andere linke Liste gab es am Stimmzettel nicht. Alle Zahlen stammen vom vorläufigen Endergebnis Sonntag abend.
Pflegeleichter Koalitionspartner gesucht
FPÖ-Spitzenkandidat war der frühere Präsidentschaftskandidat und dritte Nationalratspräsident Norbert Hofer, den Parteichef Herbert Kickl ins Burgenland geschickt hatte, um dort Landeshauptmann zu werden. Blau-schwarz ging sich trotz des großen Zugewinns aber nicht aus, da die ÖVP im Burgenland die Rechnung für ihre Steigbügelhalter-Rolle gegenüber Kickl präsentiert bekam.
Die Liste Doskozil kann sich nun aussuchen, ob sie lieber mit den Grünen, der FPÖ oder der ÖVP koalieren will. Doskozil pflegt ein gutes Verhältnis zu den Esterhazys und den anderen Großgrundbesitzern des Landes. Sie stellen den Grund zur Verfügung und verdienen mit, wenn Doskozil die grüne Energie übers Land ausbreitet. „Dosko“ liess ein neues Spital in Oberwart bauen, ein weiteres im Seewinkel soll folgen. Er stellt pflegende Angehörige an, pöbelt immer wieder einmal gegen Flüchtlinge und macht immense Schulden, um immer neue Gesellschaften zu gründen und (marode) Wirtschaftsbetriebe aufzukaufen. Der Kontrolle des Landtages sind seine Aktivitäten entzogen, da es sich um eine ausgelagerte Holding handelt. Der alte und neue Landeshauptmann braucht, um diesen Weg fortsetzen zu können, einen möglichst pflegeleichten Koalitionspartner, der nicht zu viele Fragen stellt.
Quelle: ORF