HomeSchwerpunktGesellschaftsrelevante BerufeKrankenhaus: Pflegeberufe ständig unter Druck - Die Versorgung der Kranken

Krankenhaus: Pflegeberufe ständig unter Druck – Die Versorgung der Kranken

2017 waren in Österreich knapp 80.000 Kolleginnen und Kollegen im Krankenhausbereich tätig (ohne Ärztinnen und Ärzte). Diese stellen die Versorgung von Menschen teilweise unter widrigen Beschäftigungsbedingungen sicher, durch Corona hat sich die Situation weiter verschärft.

Die Umbauten im Gesundheitssektor, die in den letzten Jahrzehnten vorgenommen wurden, haben die Beschäftigungsbedingungen für die Kolleginnen und Kollegen in der Pflege im Krankenhaus nicht verbessert. Fast alle Bereiche des Gesundheitswesens sind von zunehmendem Druck, Arbeitsverdichtung und Personalmangel geprägt. Dies hängt nicht mit dem demografischen Wandel und einer sich erhöhenden Lebenserwartung und somit einem quasi natürlichem Mehrbedarf an Kolleginnen und Kollegen in diesem Bereich zusammen. Der Ursprung liegt in der Struktur des Gesundheitswesens, welches den kapitalistischen Verhältnissen untergeordnet ist. 

Krankenhäuser sind eine elementare Säule im österreichischen Gesundheitssystem und übernehmen in diesem die folgenden Funktionen qua Gesetz: 

  • Feststellung und Überwachung des Gesundheitszustands durch Untersuchung,
  • Vornahme operativer Eingriffe,
  • Vorbeugung, Besserung und Heilung von Krankheiten durch Behandlung,
  • Entbindung,
  • Maßnahmen medizinischer Fortpflanzungshilfe oder
  • Bereitstellung von Organen zum Zweck der Transplantation. 

Somit auch ohne eine grassierende Pandemie sehr umfassende und diverse Aufgaben, die nicht nur von Ärztinnen und Ärzten durchgeführt werden, sondern an vorderster Front von diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegerinnen sowie ‑pflegern, Pflegeassistentinnen und ‑Assistentinnen, aber auch Sozialpflegerinnen und ‑pflegern.

Strukturelle Bedingungen

Es kam in den 2000er Jahren zu einem Umbau der Sozialpolitik im Allgemeinen, der auch die Krankenhäuser getroffen hat. Dies hat die Situation im Krankenpflegebereich weiter verschärft, in der Forschung wird von einer Ökonomisierung der Pflege oder auch dem Umbau hin zu einem Dienstleitungsunternehmen gesprochen. Hier werden Patientinnen als Kundinnen und Patienten als Kunden betrachtet, die ein bestimmtes Paket kaufen. Kosteneffizienz steht im Zentrum der Organisation von Pflege, man spricht von New Public Management Instrumenten, die „effizientes“ Wirtschaften sicherstellen sollen. Im Krankenhausbereich wurde beispielsweise das Abrechnungswesen umgestellt auf Fallkostenpauschalen. Das bedeutet, man bekommt Mittel für eine Bilddarmoperation in Form einer Pauschale, egal ob man diese bei einer Person mit Demenz, die mehr Aufmerksamkeit benötigt, oder einem ansonsten fitten Menschen durchführt, obwohl der Aufwand sehr unterschiedlich ist. Individuelle Fälle finden kaum Berücksichtigung. Diese Pauschalen werden anhand eines ausgeklügelten Dokumentationssystems berechnet, in das die Kolleginnen und Kollegen ihre Tätigkeiten eintragen müssen. Was nicht dokumentiert ist, wird nicht gezahlt. Hierdurch entsteht ein großer Anteil nicht pflegerischer oder gesundheitsorientierter Tätigkeiten, denen ohne zusätzliches Personal nachgekommen werden muss. Es wurde ein bürokratisches Ungetüm geschaffen, das Zeit für sorgende Tätigkeiten nimmt und diese teilweise abwertet oder gar unsichtbar macht. Die Kolleginnen und Kollegen loggen sich teilweise aus der Zeiterfassung aus, um Ruhezeiten formal einzuhalten, und gehen wieder auf die Station, um dieser Aufgabe somit in der Freizeit nachzukommen. 

Neben dieser Veränderung der Arbeit sowie der Zusatzbelastung sind die Kolleginnen und Kollegen, die in der Pflege im Krankenhaus arbeiten, von niedrigen Löhnen in Relation zur Verantwortung betroffen. Der Kollektivvertragsabschluss in der Sozialwirtschaft in diesem Frühjahr hat dies nun auch für die kommenden Jahre weiter zementiert. Das Arbeitsausmaß ist sehr hoch, 12-Stunden-Schichten gehörten in verschiedene Bereichen schon vor Corona-Zeiten zum Alltag. Man muss arbeiten, wenn alle anderen frei haben, Kranke müssen immer, auch an Feiertagen und in der Nacht, versorgt werden. Mehrarbeit ist der Standard. Hierdurch ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf nur teilweise, insbesondere bei der Arbeit auf Ambulanzen, aber auch kaum bei einer Stelle auf Station gegeben. 

Kaum bis zur Pension – auch ohne Corona

75 Prozent der Kolleginnen und Kollegen gaben im Rahmen des Österreichischen Arbeitsgesundheitsmonitors an, dass sie zumindest gelegentlich unter Belastung und Zeitdruck leiden, allgemein wird dies von 65 Prozent bestätigt. Wechselnde Arbeitsabläufe durch die verschiedenen administrativen und pflegerischen Tätigkeiten sowie die Betreuung von Angehörigen bringen wechselnde Anforderungen mit sich und einen hohen Bedarf an Flexibilität durch die Kolleginnen und Kollegen, die Improvisation durch Personalknappheit mit sich bringen und somit diesen messbar erhöhten Stress erklären können. Es kommt aus Gründen der Kosteneffizienz auch immer wieder zu Entscheidungen, die die Kolleginnen und Kollegen belasten, da sie eine andere Behanldung vielleicht als richtig erachten, diese jedoch aus Kostengründen nicht durchgeführt wird. 

Die Arbeit ist somit besonders belastend auf physischer und psychischer Ebene. Dem folgend glauben lediglich 33 Prozent der in der Pflege Beschäftigten, dass sie mit 60–65 Jahren noch in dem Bereich arbeiten, in dem sie es aktuell tun. In der Pflege wird häufiger angegeben, dass man nach der Arbeit nicht abschalten könne, was eine Erholung in der Freizeit neben dem Schichtbetrieb zusätzlich erschwert, da eine Abgrenzung schwer scheint. Es kommt durch die Belastungen im Bereich der Pflege für die dort tätigen Kolleginnen und Kollegen besonders häufig zu verschiedenen gesundheitlichen Konsequenzen. Neben Burnout haben sie überdurchschnittlich oft mit Muskelverspannungen, Kreuzschmerzen, Schlafstörungen sowie Schmerzen in den Beinen zu tun. Vor diesem Hintergrund ist es wenig verwunderlich, dass es auch ohne Corona Personalnotstand in diesem Arbeitsbereich gibt. 

Corona zeigt Lücken und Probleme auf

Im Zusammenhang mit der seit Anfang dieses Jahres grassierenden Pandemie wird deutlich, dass die Strukturprogramme auf regionaler und nationaler Ebene wie der Österreichische Strukturplan Gesundheit zu einer Knappheit im Gesundheitswesen geführt haben. Durch das Primat der Effizienz und Ökonomie – die im Kapitalismus weisend sind – wurde die herrschende Gesundheitskrise mitprovoziert. Viel gravierender aber,als die vieldiskutierten Betten ist der aufgrund der beschriebenen Arbeitsbedingungen herrschende Personalmangel. Die eingangs genannten Aufgaben werden deswegen heruntergefahren, Operationen und Behandlungen werden aktuell und wurden bereits im März aufgeschoben. Kolleginnen und Kollegen, die eigentlich in anderen Bereichen ausgebildet und eingesetzt sind, kommen nun zum Einsatz bei Beatmungspatientinnen und ‑patienten und auf Intensivstationen. Die Versorgung von CoViD-19-Patienten ist zudem komplex und körperlich extrem anstrengend. 

Hierdurch kommt es zu einer weiteren psychischen Belastung, da dies auch zu Überforderungen führt. Die Kolleginnen und Kollegen tragen permanent Schutzkleidung, FFP3- bzw. FFP2-Masken und Visiere, schwitzen unter der Ausrüstung, bekommen Wunden an den Nasen und auf der Haut. Es wird von 14-Stunden-Schichten ohne Pause, ohne Toilettengang und/oder Trinken berichtet. Eine Lösung wurde über den Sommer nicht gefunden, und Bundeskanzler Kurz spielt in Interviews Gehaltserhöhungen gegen die Kosten durch Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit aus.

Im Gesundheitsbereich allgemein und aktuell besonders wird das Problem des Primats des Profits, das im Kapitalismus gilt, besonders deutlich, ebenso wie die Überlegenheit sozialistischer Gesundheitssysteme.

Quelle: Arbeiterkammer/AK Oberösterreich/Arbeiterkammer Oberösterreich/A&W‑Blog/Puls4/ORF

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