Bei der Stichwahl um das Amt des peruanischen Staatspräsidenten setzt sich der linke Kandidat Castillo gegen die rechte Diktatorentochter Keiko Fujimori durch.
Lima. In der Stichwahl um das Präsidentenamt in Peru gab es am vergangenen Sonntag das erwartete knappe Rennen. Nachdem im Zuge der montäglichen Auszählung zunächst die weit rechts stehende Keiko Fujimori, Tochter des im Gefängnis befindlichen Ex-Diktators Alberto Fujimori, in Front lag, dürften die Stimmen aus den ländlichen Gebieten das Blatt gewendet haben: Der 51-jährige Lehrer und Gewerkschafter Pedro Castillo wird nach Stand der Dinge neuer peruanischer Präsident, sein Stimmenanteil machte zuletzt bei über 99 Prozent Auszählungsgrad 50,21 Prozent aus. Fujimori kam dementsprechend auf 49,79 Prozent – und phantasierte in Trump-Manier vorsichtshalber gleich einmal von „Wahlbetrug“.
Castillo ist der Kandidat der sozialistischen Partei „Perú Libre“, die selbst jedoch weiter links steht, als es auf den kommenden Präsidenten zutreffen dürfte. Persönlich gibt sich der Katholik Castillo gesellschaftspolitisch konservativ, wirtschaftspolitisch tendenziell sozialdemokratisch, während er sich von den kommunistischen-marxistischen Kräften der Partei eher distanziert. Man wird sehen, wieviel davon Wahlkampftaktik war. In der Legislative verfügt Perú Libre aber ohnedies nur über 37 Mandate (von 130), nachdem bei der gleichzeitig mit der ersten Runde der Präsidentschaftswahl abgehaltenen Kongresswahl am 11. April dieses Jahres 13,4 Prozent der Stimmen erreicht wurden. Demgegenüber erhielt Castillo damals beim ersten Wahlgang mit 18,92 Prozent einen etwas höheren Anteil, der eine relative Mehrheit bedeutete. Die Castillo-Regierung wird jedenfalls so oder so ohne Parlamentsmehrheit auskommen müssen, grundsätzlich befürwortet Castillo die Wahl einer verfassungsgebenden Versammlung, die das politische System Perus grundlegend erneuern soll.
Derartiges wird freilich kein einfaches Unterfangen – man kennt dies aus Bolivien, Venezuela oder Ecuador. Schon die Zuspitzung der Stichwahl zwischen Castillo am „linken Rand“ und Fujimori am anderen Ende des politischen Spektrums verdeutlichte die vorhandenen Gegensätze, wenngleich viele Menschen des „Neoliberalismus“ überdrüssig sind. Zudem darf man insgesamt aber auch nicht außer Acht lassen, dass die Kräfte der Oligarchie und des Imperialismus in Peru ohnedies über Macht- und Einflussmöglichkeiten verfügen, die man bei bürgerlichen Wahlen nicht abwählen kann. Schon geringe sozialpolitische Verbesserung für die Armen und Indigenen, gar nicht zu sprechen von Nationalisierungen und Verstaatlichungen, werden von der kapitalistischen Reaktion massiv und mit allen Mitteln bekämpft werden. Dagegen helfen nur die Mobilisierung des Volkes, was Castillo z.T. zuzutrauen ist, und ein Programm mit einer revolutionären Strategie in Richtung Sozialismus – was eher fraglich sein dürfte. Trotzdem hatten auch die kommunistischen Parteien, Partido Comunista Peruano, PCP, und Partido Comunista de Perú – Patria Roja, PCdP-PR, angesichts der Stichwahl für Castillo aufgerufen, nachdem ihre Kandidatin Veronika Mendoza in der ersten Runde mit 7,9 Prozent ausgeschieden war.
Pedro Castillo ist nun für eine Amtszeit von fünf Jahren gewählt, eine unmittelbare Wiederwahl ist gemäß gegenwärtiger Verfassung nicht zulässig. Der Präsident nominiert einen Ministerpräsidenten und eine Regierung, was jedoch durch den Kongress bestätigt werden muss. Bereits hierbei könnte es wohl zu entsprechenden Kompromissen und Zugeständnissen kommen. Doch die Lage in Peru bleibt angespannt, Armut, Rassismus, Korruption, Unterdrückung und Ausbeutung sowie eine verfehlte Pandemie-Politik bilden eine Situation, die in der betroffenen Bevölkerung vieles in Bewegung setzen könnte – mit oder ohne Castillo.
Quelle: Radio Programas del Perú