Vishal Garg, Geschäftsführer von better.com, sparte sich in CEO-mäßiger Effizienz Zeit, Mühe und Geld: In einer kaum dreiminütigen Videokonferenz entließ er rund 900 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Lower Manhattan/Home-Office. Der Geschäftsführer von better.com, einer US-amerikanischen Hypothekenbank, leistete sich am vergangenen Mittwoch das Vergnügen, ein Zehntel seines Unternehmens per Zoom-Meeting zu entlassen. Die Prozedur dauerte nicht ganz drei Minuten. Wie ein Pflaster abgerissen wird, kurz und schmerzlos, teilte er seinen Untergebenen mit, dass sie nun nicht mehr Teil des Unternehmens seien:
„Wenn Sie Teil dieses Anrufs sind, gehören Sie zu der unglücklichen Gruppe, die entlassen wird. Das Beschäftigungsverhältnis endet mit sofortiger Wirkung.“
Der Videocall wurde mitgeschnitten und in den sozialen Medien verbreitet, im Hintergrund des Mitschnitts hört man, wie eine Angestellte in Tränen ausbricht. Gerade einmal einen Tag vorher hatte better.com eine Finanzspritze von rund 750 Millionen Dollar von der japanischen Firma Softbank erhalten, doch das war dem CEO Vishal Garg wohl nicht genug.
Die Aktion löste natürlich ob der Kaltherzigkeit des Geschäftsführers eine Welle der Entrüstung aus, tatsächlich entblößte sie aber nur die reale Fratze des Kapitalismus. Hätte sich der CEO um jede Entlassung selbst gekümmert, bzw. sie zumindest an eine größere Zahl von Untergebenen delegiert, wäre die Sache eventuell von den entlassenen Angestellten als weniger frech und kalt empfunden worden – das Resultat von 900 arbeitslosen Menschen wäre dasselbe geblieben. Gewiss sorgte das Entblößen der puren Realität der kapitalistischen Produktionsweise jedoch für mehr negative Schlagzeilen – jeder weiß, diese Dinge passieren eben dann und wann, es sollte nur nicht zu viel Aufhebens darum gemacht werden.
Dumme Delphine
Vishal Garg ist dabei kein unbeschriebenes Blatt, denn schon vor dieser Aktion war Forbes eine E‑Mail dieses Mannes zugespielt worden, in der er seine Beschäftigten als dumme Delphine beschimpfte, die zu faul zum Arbeiten seien. Er schrieb wortwörtlich und in Großbuchstaben: „DUMME DELPHINE verfangen sich in Netzen und werden von Haien gefressen. ALSO HÖRT AUF. HÖRT AUF. HÖREN SIE SOFORT AUF. IHR BLAMIERT MICH.“
Der Grund hierfür war, dass ihm die Arbeit „verdammt zu langsam“ vonstattenging und irgendwie muss man dieser Empfindung ja auch einmal Luft machen. Es können eben nicht alle so sein wie der CEO Vishal Garg, der sich nicht immer wie Eric Cartman auszudrücken pflegt. Garg selbst, aus Indien stammend und in New York City aufgewachsen, gründete bereits im Jahr 2000 mit dem Geld seines Bruders ein auf Studierende zugeschnittenes Hypothekeninstitut, um Wucher mit den sehr hohen Studienbeiträgen in den USA treiben zu können. Die Firma hieß MyRichUncle und sie existierte bis ins Jahr 2009, ehe sie bankrottging.
Nach seinem letzten Streich, der unangekündigten und unabsehbaren Massenentlassung eines Zehntels seiner Belegschaft, kündigte der ehemalige Bankrotteur in einem unternehmensweiten Meeting an, die Performance der verbliebenen Angestellten noch besser unter die Lupe nehmen zu wollen. In einem vorerst anonymen Blogbeitrag schrieb er, dass „mindestens 250“ der entlassenen Beschäftigten nur zwei Stunden am Tag gearbeitet, aber den Lohn für einen Achtstundentag und noch mehr kassiert hätten. So zumindest die wenig glaubhafte Spekulation des CEOs von better.com. Er hatte eben das Gefühl, „bestohlen“ worden zu sein.
Aber es wird auch für die rückständigsten CEOs dereinst der Tag kommen, an dem sie merken, dass Delphine doch nicht so blöd sind. Sie können sich zusammenrotten, gemeinsam kämpfen und ehe man sich’s versieht, sitzt man selbst auf der Straße oder im Gefängnis, während die Arbeiterinnen und Arbeiter das Unternehmen selbst in die Hand genommen haben und es zum Zwecke aller weiterführen, ohne Rücksicht auf Profit- und CEO-Verluste.
Quellen: idcommunism.com / derstandard.at / Youtube