In vielen Bereichen wird aktuell über Personalmangel geklagt. Im Bereich des Tourismus und der Gastronomie hat sogar Arbeitsminister Kocher (ÖVP) leise anerkannt, dass dies (auch) mit den vorherrschenden Arbeitsbedingungen zusammenhänge und ohne eine Änderung der Standards wohl kaum Besserung zu erwarten sei. Nun meldet auch der Lebensmittelhandel Notstand in Sachen Arbeitskräften an.
Vollkommene Ahnungslosigkeit?
Dem ORF gegenüber äußern verschiedene Vertreterinnen und Vertreter aus dem Handel, dass sie nicht wissen würden, woran dies läge, beziehungsweise von manchen wird davon gesprochen, dass einige Arbeitskräfte erst ab Herbst wieder arbeiten wollen würden oder die Jugend eben nicht mehr Vollzeit arbeiten wollen würde. Selbstverständlich liegt es an der Arbeiterklasse und ihrem vermeintlichen Unwillen, ihre Arbeitskraft zu verkaufen.
Schlechte Löhne und lange Arbeitszeiten
Dass die Arbeitsbedingungen auch im Handel kein anständiges Auskommen, insbesondere in Zeiten der massiven Inflation, bietet, ist nicht erst seit dem Kollektivvertragsabschluss im vergangenen Herbst so. Reallohnverluste kommen sicherlich auch heuer zum Schlagen.
Arbeitszeiten mit Frühschichten ab 5.00 Uhr, Spätschichten, die vielfach bis nach 20.00 Uhr gehen oder Samstagarbeit machen einen niedrigen Lohn und Nachtzulagen, die man genau verpasst, da diese nur bis 5 Uhr früh gezahlt werden, nicht erträglicher.
Wenn die GPA-djp als zuständige Fachgewerkschaft schon regelmäßig Werbung für Lidl als Konzern, der oberhalb des Kollektivvertrages zahlt, macht, sagt das doch viel über die Zustände und Verhältnisse aus.
All das verdeutlicht, warum es Mangel an Kolleginnen und Kollegen gibt, die sich unter diesen Umständen zu verdingen möchten. Das Problem sind nicht die Arbeitskräfte, sondern die vorherrschenden Arbeitsbedingungen.
Viel Stress und wenig Anerkennung
Wenn Kolleginnen und Kollegen zurecht den Eindruck haben, im Handel wichtige und auch körperlich sowie psychisch anstrengende Arbeit leisten und diese aber finanziell nicht ausreichend honoriert, könnte dies doch eine Erklärung für den Arbeitskräftemangel sein, die eigentlich auf der Hand liegt. An dieser Situation wird sich nur etwas ändern, wenn Druck auf die Konzerne ausgeübt wird und gemeinsam für bessere Bedingungen gekämpft wird.
Quelle: ORF