Netzausbau durch Photovoltaik und E‑Mobilität treibt Kosten in die Höhe – Haushalte tragen den Großteil der Belastung, während Energieerzeuger profitieren.
Mit dem Ausbau von Photovoltaikanlagen und der steigenden Nachfrage nach E‑Mobilität und elektrischer Wärme muss auch das österreichische Stromnetz modernisiert und erweitert werden. Diese Entwicklung führt zu steigenden Netzkosten, die sich direkt auf die Stromrechnungen der Konsumentinnen und Konsumenten auswirken. Besonders sind dabei die privaten Haushalte, die den Großteil der Kosten tragen – und das, obwohl sie nur einen Bruchteil des gesamten Stromverbrauchs ausmachen.
Die Arbeiterkammer (AK) Tirol übt nun deutliche Kritik an der ungleichen Verteilung dieser Netzkosten. So tragen in Tirol private Haushalte etwa 43 Prozent der Kosten für den Netzausbau, obwohl sie nur etwa ein Viertel des gesamten Stromverbrauchs in Anspruch nehmen. Die Energieerzeuger hingegen beteiligen sich nur mit sechs Prozent an den Netzkosten, wie aktuelle Berechnungen der AK Tirol zeigen. Diese Diskrepanz sorgt für immer höhere Belastungen bei den Haushalten, während die eigentlichen Großverbraucher im Energiesektor vergleichsweise wenig zum Netzausbau beitragen müssen.
Die AK Tirol fordert eine gerechtere Verteilung der Netzkosten
AK-Präsident Erwin Zangerl fordert daher eine stärkere Beteiligung der Energieerzeuger und ‑händler an den Netzkosten. „Die Netzkosten müssen im Strombereich stärker verursachergerecht zugeordnet werden“, so Zangerl. Er sieht dringenden Handlungsbedarf und richtet seinen Appell an das zuständige Energie- und Infrastrukturministerium. „Über ein neues System der Kostenzuteilung sollten nicht nur Haushalte, sondern auch Energiehändler, Stromproduzenten und Großverbraucher in Zukunft stärker an diesen Kosten beteiligt werden“, erklärt er.
Darüber hinaus spricht sich die AK Tirol für die Einführung eines rechtsverbindlichen Netzentwicklungsplans aus. Ein solcher Plan, der sowohl den Strom- als auch den Gasbereich umfasst, soll sicherstellen, dass alle Akteure am Energiemarkt – einschließlich der Netzbetreiber – gemeinsam an der Modernisierung und Erweiterung des Netzes arbeiten und auch finanziell ihren Teil beitragen.
Wie entstehen die Netzkosten?
Die defekten Netzkosten werden von den jeweiligen Netzbetreibern bei der Regulierungsbehörde E‑Control gemeldet, die anschließend nach einer Prüfung die Verteilung der Kosten festlegt. Anders als den Stromlieferanten, die seit der Liberalisierung des Strommarktes Anfang der 2000er-Jahre frei gewählt werden können, haben die Netzbetreiber in ihrem jeweiligen Versorgungsgebiet eine Monopolstellung. Die Höhe der Netzkosten hängt dabei unter anderem von den Instandhaltungskosten sowie von den Investitionen in den Netzausbau ab, die durch die gestiegene Nachfrage nach Ökostrom und E‑Mobilität in den nächsten Jahren weiter zunehmen werden.
Die Stromrechnung setzt sich für die Haushalte daher aus mehreren Bestandteilen zusammen: dem reinen Energiepreis, den Netzkosten sowie zusätzlichen Steuern und Abgaben. Die Höhe der Netzkosten macht einen erheblichen Anteil der Gesamtrechnung aus und ist in den letzten Jahren durch den zunehmenden Ausbaubedarf kontinuierlich gestiegen.
AK Tirol fordert Kostenbeteiligung nach dem Verursacherprinzip
„Ein Großteil der Netzkosten sinkt aufgrund des steigenden Energieverbrauchs durch Großabnehmer und der zunehmenden Einspeisung von Ökostrom an“, erklärt Zangerl. „Es ist daher nur fair, dass auch Energiehändler und Produzenten einen größeren Anteil der Kosten übernehmen.“ In der aktuellen Situation, so die AK Tirol, werden die Kosten nicht gerecht verteilt – private Haushalte würden mit ihren Beiträgen faktisch den Ausbau des Stromnetzes für andere Marktteilnehmer subventionieren.
Zangerl fordert, dass das Verursacherprinzip stärker berücksichtigt wird und eine Neuausrichtung der Netzkostenverteilung in den kommenden Gesetzesänderungen Priorität haben muss. Nur so kann langfristig eine faire Kostenstruktur geschaffen werden, bei der die privaten Haushalte nicht unverhältnismäßig belastet werden. „Die Energiewende darf nicht auf dem Rücken der Haushalte ausgetragen werden“, so Zangerl abschließend.
Quelle: ORF