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OMV verliert Zugang zu russischem Gas

Wien. Am Wochenende floss russisches Erdgas noch nach Österreich, doch die Unsicherheiten um weitere Lieferungen nehmen zu. Der russische Energieriese Gazprom hat den Lieferstopp über die Ukraine angekündigt, womit die OMV – Österreichs traditioneller Hauptimporteur von russischem Gas – vorerst leer ausgehen könnte.

Die Nachricht vom möglichen Lieferstopp erreichte die OMV am Freitagabend: Ab Samstagmorgen sollten keine Lieferungen mehr durch die Ukraine erfolgen. Dies hätte besonders für Österreich drastische Folgen, das bislang 80 bis 90 Prozent seines Gasbedarfs aus Russland deckt. Trotz bestehender EU-Sanktionen gegen Russland ist der Import von Erdgas weiterhin erlaubt, solange bestimmte Preisgrenzen nicht überschritten werden.

Wie die Marktaufsichtsbehörde E‑Control am Samstagmorgen meldete, erreichte weiterhin Gas das zentrale Verteilerzentrum Baumgarten an der slowakischen Grenze – wenngleich in um 17 Prozent reduzierter Menge. Beobachter vermuten, dass Gazprom das Gas auf dem »virtuellen Handelspunkt« Central European Gas Hub (CEGH) umgeleitet und an andere Abnehmer verkauft hat.

Der Streit zwischen Gazprom und der OMV geht auf ein Urteil der Internationalen Handelskammer zurück, das am Mittwoch verkündet wurde. Das Schiedsgericht sprach der OMV Schadenersatz in Höhe von 230 Millionen Euro zu, der mit künftigen Gaslieferungen verrechnet werden soll. Offenbar wollte Gazprom nicht auf die nächste reguläre Rechnungsstellung am 20. November warten und reagierte mit einem vorzeitigen Lieferstopp.

Bereits seit Juli 2022 hatte Gazprom Lieferungen nach Mitteleuropa mehrfach ausgesetzt, offiziell wegen fehlender Ersatzteile infolge westlicher Sanktionen. Die OMV konnte jedoch vor Gericht argumentieren, dass diese Begründung nicht ausreiche. Die genauen Hintergründe der Schiedsgerichtsentscheidung bleiben unklar.

Unabhängig von diesem Streit zeichnet sich ab, dass russisches Gas über die Ukraine bald gänzlich entfallen könnte. Der Transitvertrag zwischen Russland und der Ukraine läuft Ende 2024 aus, und Kiew hat bereits angekündigt, ihn nicht zu verlängern. Für Österreich, das stark von russischem Gas abhängig ist, bedeutet dies, dass spätestens ab Januar 2025 eine vollständige Umstellung auf alternative Lieferwege notwendig wird.

Die österreichische Regierung zeigt sich dennoch zuversichtlich: Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) betonte, dass niemand im Winter frieren müsse. Die Gasspeicher seien derzeit zu über 90 Prozent gefüllt, und zusätzliche Lieferungen von Flüssigerdgas (LNG) aus Italien und Deutschland könnten die Versorgung sichern.

Doch nicht alle teilen diesen Optimismus. Bereits im Frühjahr hatte die Austrian Strategic Gas Management in einem Bericht gewarnt, dass die bestehenden Importkapazitäten über Italien und Deutschland nicht ausreichen, um den Ausfall russischen Gases langfristig zu kompensieren.

Die nächsten Wochen und Monate werden jedenfalls zeigen, ob Österreichs Strategie aufgeht – oder ob der Streit mit Gazprom nur ein Vorgeschmack auf künftige Versorgungskrisen ist.

Quelle: junge Welt

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