In Vorarlberg ist die Zahl der Suizide 2024 deutlich gestiegen – und das bereits im zweiten Jahr in Folge. Laut dem aktuellen Suizidbericht, der auf Daten der „aks Gesundheit GmbH“ sowie Statistik Austria basiert, wurden im vergangenen Jahr 64 Suizide registriert. Das sind zehn mehr als 2023.
Bregenz. Besonders auffällig ist die Entwicklung bei Frauen: 21 Suizide wurden verzeichnet, bei Männern waren es 43. „Nicht zuletzt wirken sich auch aktuelle gesellschaftliche Veränderungen negativ auf die psychische Gesundheit von Frauen jeden Alters aus“, erklärt die Klinische- und Gesundheitspsychologin Isabel Bitriol-Dittrich. Als Faktoren nennt der Bericht unter anderem die schwierige Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Erschöpfung durch Mehrfachbelastung sowie Gewalterfahrungen.
Im Bundesländervergleich liegt Vorarlberg mit 15,6 Suiziden pro 100.000 Personen an zweiter Stelle – nur in Kärnten sind die Zahlen mit 19,5 höher. In Wien beträgt die Rate hingegen 10,5.
Psychiater Reinhard Haller, Mitautor des Berichts, warnt: „Der Anstieg der Suizide in Vorarlberg kann nicht auf einen einzigen Grund zurückgeführt werden.“ Nachwirkungen der Pandemie, gesellschaftliche Unsicherheit durch Konflikte, Teuerung und Umweltfragen, aber auch Arbeitslosigkeit oder Verschuldung könnten dazu beitragen. Ein „wahrscheinlich entscheidender gesellschaftlicher Risikofaktor“ sei laut Bericht die Gefahr der sozialen und emotionalen Vereinsamung.
Auch weitere Ursachen wie körperliche Erkrankungen, chronische Schmerzen, kulturelle Einflüsse oder Nachahmungseffekte durch mediale Berichterstattung werden genannt. Auffällig ist zudem, dass zwölf der 64 Suizidopfer im Ausland geboren wurden. Besonders Personen mit Fluchthintergrund seien gefährdet. Neun der Opfer waren drogenabhängig.
Die meisten Suizide ereigneten sich im mittleren Lebensalter. Ein Kind unter 14 Jahren sowie vier Personen zwischen 15 und 24 Jahren nahmen sich das Leben.
Die Autoren des Berichts – Reinhard Haller, Isabel Bitriol-Dittrich und Albert Lingg – fordern angesichts der Entwicklung einen „antisuizidalen Ruck“ in Vorarlberg. Besorgniserregend sei insbesondere der zunehmende Mangel an Fachkräften in Sozial- und Pflegeberufen sowie an Ärzten für Psychiatrie und Psychotherapie. „Lange Wartezeiten wirken sich bei Suizidgefahr besonders fatal aus“, heißt es. Zudem lasse das geltende Unterbringungsgesetz „in vielen Fällen die erforderliche längere stationäre Behandlung von suizidalen Menschen nicht mehr zu“.
Quelle: ORF