Wien. Während die Preise weiter steigen, Mieten explodieren und das Leben immer teurer wird, spielt sich im öffentlichen Dienst ein altbekanntes Schauspiel ab: Regierung und Gewerkschaftsführung verhandeln über „tragfähige Lösungen“ – und die Beschäftigten sollen stillhalten. Nachdem im vergangenen Jahr ein Abschluss erzielt wurde und der Protest der Beschäftigten damit abgewürgt wurde, ohne dass nur ein Bruchteil der Forderungen, insbesondere durch jüngere Beschäftigte in schlechteren Dienstverträgen, auch nur ansatzweise erfüllt wurde, kommt es nun zu erzwungenen KV-Verhandlungen. Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) lud zur Neuverhandlung trotz bestehendem Abschluss ein, unter der Vorgabe: Entweder die Lohnerhöhung wird neu verhandelt, oder es gibt nächstes Jahr eine Nulllohnrunde.
Die Gewerkschaften GÖD und younion betonen, sie gehen „ergebnisoffen“ in die Gespräche mit der Bundesregierung. Zugleich aber schließen sie echte Kampfmaßnahmen de facto aus und klammern sich an die „Sozialpartnerschaft“ – jenes Modell, das seit Jahrzehnten vor allem eines sichert: den sozialen Frieden im Interesse des Kapitals und der Herrschenden.
Wenngleich GÖD-Chef Quin die angekündigten Nulllohnrunden für 2027 und 2028 immerhin „inakzeptabel“ nennt, so macht das vorjährige Handeln der Gewerkschaft wenig Hoffnungen. Auch younion-Vorsitzender Meidlinger spricht vom Nutzen „für alle Kolleginnen und Kollegen“, ohne zu sagen, was das konkret heißen soll – außer dass man sich weiter auf Verhandlungen statt auf Widerstand verlässt.
Hinter verschlossenen Türen bietet die Regierung derweil sogenannte „mehrjährige Abschlüsse“ an, um sich Lohnsteigerungen langfristig vom Hals zu halten. Schon die im Vorjahr vereinbarte Anpassung – Inflation plus 0,3 Prozent – war für die Koalition „zu teuer“, obwohl dies den Abschluss 0,3 Prozent unterhalb der Inflation für 2024 ausgleichen sollte. Nun versucht die Koalition, die Gewerkschaften zu einem Einlenken zu bewegen und ihnen im Gegenzug die geplanten Nulllohnrunden etwas „aufzuschnüren“. Das ist nichts anderes als Erpressung, ein Tauschgeschäft auf Kosten der Beschäftigten.
Regierungspolitik gegen Beschäftigte – und eine Gewerkschaftsführung, die mitspielt
Statt klaren Widerstand zu organisieren, appelliert die Gewerkschaftsführung an die Sozialpartnerschaft. Doch die Beschäftigten im öffentlichen Dienst wissen längst, dass Worte wie „Dialog“ oder „gegenseitiger Respekt“ in diesen Verhandlungen leere Phrasen sind. Was nötig wäre, sind Druck, Mobilisierung und Streikbereitschaft – keine Gespräche hinter verschlossenen Polstertüren.
Die geplanten Reallohnverluste treffen nicht nur Beamtinnen und Beamte mit gut abgesicherten und bezahlten Beschäftigungsverhältnissen, sondern die große Mehrheit jener, die in Schulen, Kindergärten, Pflegeeinrichtungen, in der Müllabfuhr, in Werkstätten und Büros täglich die Gesellschaft am Laufen halten. Sie arbeiten oft unter prekären Bedingungen, mit Überstunden, Personalmangel und wachsendem Druck – und verdienen weit weniger, als das gängige Bild des gut versorgten Beschäftigten im öffentlichen Dienst suggeriert.
Mainstream-Medien schüren Spaltung
Genau dieses Bild wird von vielen bürgerlichen Medien gezielt bedient. Dort ist pauschal von „Beamtengehältern“ die Rede, als handle es sich um eine privilegierte Schicht, die ohnehin genug verdiene. Dass der öffentliche Dienst aber aus einer Vielzahl von Beschäftigungsverhältnissen besteht – von prekären Vertragsbediensteten bis zu schlecht bezahlten Pflegekräften –, wird verschwiegen. Diese verzerrte Darstellung dient der Spaltung der Arbeiterklasse: Sie soll den Unmut der Bevölkerung nicht gegen die Regierung, sondern gegen andere Lohnabhängige richten.
Quelle: GÖD/ORF/Zeitung der Arbeit