Der „Paladin“-Kongress zeigt, dass auch auf der russischen Seite des gegenwärtigen Krieges faschistische Kräfte gezielt eingebunden werden – entgegen der Behauptung, man führe einen „antifaschistischen Krieg“. Die Ereignisse in Sankt Petersburg verdeutlichen, dass faschistische Netzwerke international bestehen bleiben und von Teilen der politischen und wirtschaftlichen Eliten unterstützt oder geduldet werden.
St. Petersburg. Am 12. September fand in Sankt Petersburg der Gründungskongress der sogenannten „Internationalen Vereinigung der Gegner der Globalisierung“, auch bekannt als „Internationale Vereinigung souveräner Nationen“, statt. An dem Treffen nahmen nationalistische und faschistische Organisationen aus mehreren Ländern teil..
Die Veranstaltung trug den Codenamen „Paladin“, benannt nach den Rittern am Hof Karls des Großen im 8. Jahrhundert. Bereits 1970 hatte der frühere SS-Offizier Otto Skorzeny eine faschistische Organisation gleichen Namens gegründet, die Faschisten aus verschiedenen europäischen Ländern vereinte.
Teilnehmer aus mehreren Ländern
Wie die Zeitung Rizospastis am 14. Oktober berichtete, waren auf dem Treffen 20 Organisationen aus aller Welt vertreten. Dazu zählten unter anderem:
- die „Spanische Falange“ (Falange Española de las JONS), die bis heute die Freiwilligen der „Blauen Division“ ehrt, die an der Seite der Wehrmacht gegen die UdSSR kämpfte,
- die französische Gruppe „Les Nationalistes“, gegründet von ehemaligen SS-Mitgliedern und Funktionären der Front National,
- die ungarische Organisation Sixty-Four Counties, die eine Revision der Grenzen des Vertrags von Trianon fordert, sowie Neonazis aus Deutschland, Serbien, Italien und Brasilien.
Aus Deutschland war Robert Riss, Abgeordneter der rechtsextremen Alternative für Deutschland (AfD) im Hamburger Landesparlament, persönlich anwesend. Online zugeschaltet war Alexander von Bismarck, ehemaliges Mitglied der CDU und heutiger Unterstützer des Kremls. Die Vertreter der griechischen Goldenen Morgenröte bekundeten laut Bericht ihre „herzliche Solidarität“ mit dem kürzlich freigelassenen, verurteilten Parteiführer Nikos Michaloliakos.
Offizielle Unterstützung und kirchliche Beteiligung
Das Treffen stand unter staatlicher Schirmherrschaft. Unter den anwesenden Funktionären befand sich Konstantin Čebykin, Abgeordneter der Regierungspartei Einiges Russland, Hauptorganisator war der russische Oligarch Konstantin Malofejew, der enge Verbindungen zur Russisch-Orthodoxen Kirche unterhält. Am Vorabend des Kongresses fand unter seiner Beteiligung eine Prozession unter der Schirmherrschaft des Patriarchen von Moskau, Kyrill, statt.
Malofejew gilt als einer der einflussreichen Vertreter des russischen Kapitalismus. Nach dem Zerfall der UdSSR baute er sein Vermögen in der Phase der wirtschaftlichen Privatisierungen auf. 2019 kandidierte er zunächst für die Partei „Gerechtes Russland“, wandte sich später jedoch rechtsextremen und monarchistischen Strömungen zu.
Zu seinen ideologischen Bezugspersonen zählt der nationalistische Theoretiker Alexander Dugin, Leiter des „Bildungs- und Forschungszentrums – Höhere Politische Schule Iwan Iljin“, benannt nach dem Begründer des russischen Faschismus. Malofejew ist außerdem mit Marija Lwowa-Belowa verheiratet, die von Präsident Wladimir Putin zur Beauftragten für Kinderrechte ernannt wurde.
Er betreibt den Internet-TV-Kanal Tsargrad, der nationalistische und religiöse Inhalte kombiniert und ein Millionenpublikum erreicht. Zudem finanzierte er den antikommunsitischen Film „Mumie“, der vom offiziellen Sender der Orthodoxen Kirche, Spas, produziert wurde.
Traurige Ironie
Der Ort der Veranstaltung, Sankt Petersburg, war während des Zweiten Weltkriegs als Leningrad Ziel der bekannten fast 900 Tage dauernden Belagerung, bei der 1,5 Millionen Menschen starben – unter anderem durch Truppen der „Blauen Division“, die von den spanischen Faschisten gestellt wurde. Dass heute in derselben Stadt Vertreter dieser Traditionen empfangen und in offiziellen Gebäuden wie dem Mariinski-Palais willkommen geheißen werden, wurde als schwerer Affront bezeichnet.
Die Einladung der Goldenen Morgenröte gilt als besonders skandalös, da die Partei für zahlreiche Gewalttaten und Morde verantwortlich ist, darunter die Tötungen von Pavlos Fyssas und Shahzad Luqman sowie Angriffe auf Gewerkschafter und Migranten.
Dieses Ereignis zeigt die Falschheit, mit der der Charakter des imperialistischen Krieges in der Ukraine verfälscht und als antifaschistischer Kampf umgemünzt wird, klar auf. Jede herrschende Klasse brütet in ihrem Schoß ihren eigenen Faschismus aus, den sie immer dann hervorholen kann, wenn sie ihre Interessen gegen die organisierte Arbeiterbewegung verteidigen muss.
Quelle: Rizospastis