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130 Jahre Johann Koplenig

Vor 130 Jahren wurde Johann Koplenig geboren. Koplenig führt die Kommunistische Partei Österreichs (KPÖ) als Vorsitzender aus den Fraktionskämpfen, durch die schwierige Zeit der Illegalität während der Herrschaft des österreichischen und deutschen Faschismus und ist einer der drei Gründer der Zweiten Republik. Heute ist die kommunistische Bewegung in Österreich erneut in einer schwierigen Situation – was kann uns sein Wirken für die heutige Arbeit sagen?

Als die Kommunistische Partei Österreichs (KPÖ) vor mehr als hundert Jahren gegründet wurde, ging eine revolutionäre Welle durch die Welt ausgehend von der Erschütterung der imperialistischen Herrschaft durch die Massenverelendung und das ‑sterben des Ersten Weltkrieges. Befeuert wurde die revolutionäre Welle durch die siegreiche russische Oktoberrevolution angeführt vom russischen Proletariat und angeleitet durch die Bolschewiki. Die KPÖ war bei ihrer Gründung der Sammelpunkt all jener Kräfte, die den Verrat der österreichischen Revolution 1918 durch die Führer der Sozialdemokratie nicht akzeptieren wollten. Doch die Einigkeit über die Ablehnung einer gewissen Praxis bedeutete noch keineswegs Einigkeit über die notwendige, die leninistische Praxis und so waren die ersten Jahre der KPÖ geprägt von Fraktionskämpfen.

2013 wurde die Partei der Arbeit (PdA) Österreichs gegründet. Ihre Gründung erfolgte in einer gerade gegenteiligen weltpolitischen Lage und doch gibt es Parallelen. Ihre Gründung erfolgte in einer Zeit, in der die Konterrevolution gesiegt hatte und die kommunistische Weltbewegung eine Niederlage im weltpolitischen Maßstab erlitt. Diese Niederlage ging auch an der österreichischen kommunistischen Bewegung nicht spurlos vorüber und die KPÖ degenerierte zu einer weiteren sozialdemokratischen Partei neben der SPÖ. Die Gründung der Partei der Arbeit erfolgte schließlich durch diejenigen Kräfte, die die Ablehnung der revisionistischen Politik der KPÖ einte, die an deren revolutionäre Tradition anknüpfen wollten. Wie auch im Falle der KPÖ Gründung hieß das aber nicht, wie sich zeigen sollte, Einigkeit über die richtige leninistische Praxis. Diese kristallisierte und kristallisiert sich erst aus internen Debatten und einer kritischen Überprüfung der eigenen Arbeit heraus, auch wenn die PdA von Fraktionskämpfen wie in den ersten Jahren der KPÖ weitestgehend verschont blieb.

Die Fraktionskämpfe in der KPÖ

Doch zurück zu der eingangs gestellten Frage: Was kann uns Johann Koplenig für die heutige Praxis sagen?

Johann Koplenig übernahm als Vorsitzender eine Partei, die von internen Fraktionskämpfen geschwächt war. Er wurde am 15. Mai 1891 Kärnten geboren und lernte nach dem Pflichtschulabschluss das Handwerk des Schumachers. Er wurde 1915 als Soldat eingezogen worden und geriet in russische Kriegsgefangenschaft. Die Revolution 1917 befreite den damals noch jungen Sozialisten, der sich den Bolschewiki anschloss und 1918 in die bolschewistische Partei aufgenommen wurde. 1920 kehrte er nach Österreich zurück und ging in die Steiermark. 1922 wurde er erstmals in das Zentralkomitee der KPÖ gewählt und ein Jahr später wurde er als Organisationssekretär nach Wien gerufen. Auf dem 6. Parteitag, inmitten schwerer Fraktionskämpfe, wurde er zum Vorsitzenden der KPÖ gewählt. Auf einer Veranstaltung anlässlich des ersten Todestages Lenins betonte Koplenig die Einheit der Partei: „Gerade wir in Österreich haben die besondere Aufgabe, den Leninismus gegenüber dem verderblichen, heuchlerischen Austromarxismus in die Massen zu tragen und sie für die leninistische, für die revolutionäre Welt zu gewinnen. ‚Haltet hoch die Einheit und Geschlossenheit der Partei!‘ – das waren Lenins letzte Worte, sein letztes Vermächtnis an die Kommunisten aller Länder. Wer an der Einheit der Partei rüttelt, geht auf die andere Seite der Barrikade.“

Diese offene Kampfansage an die Fraktionierer und Fraktioniererinnen fand große Zustimmung in der KPÖ. Die Fraktionen, die sich bisher wütend gegenseitig bekämpft hatten, schlossen sich als Reaktion am 8. Parteitag zusammen, um Koplenig als Vorsitzenden der Partei zu Fall bringen. Doch sie scheiterten, der Parteitag bestätigte Koplenig als Vorsitzenden. Von den Führern der Fraktionen wurde kein einziger in das Zentralkomitee gewählt. Diese entwickelten sich, nachdem sie der Partei nicht mehr von Innen schaden konnten, nun zu offenen Feinden der Partei. Karl Toman, einer der Fraktionsführer, schloss sich später den Trotzkisten an, nach den Februarkämpfen 1934 ging er zu den Revolutionären Sozialisten und 1938 suchte er schließlich um eine Aufnahme in die NSDAP an, die 1941 bewilligt wurde.

Der 8. Parteitag hielt in seinen Beschlüssen fest, dass eine Mehrheit der Partei sich von den Fraktionen gelöst hat und diese mit aller Schärfe bekämpft und liquidiert werden müssen. Die Bildung von Fraktionen wurde für unzulässig erklärt.

Johann Koplenig erinnerte sich 1951 zu seinem 60. Geburtstag folgendermaßen an die Zeit der Fraktionskämpfe: „In unserer jungen österreichischen Kommunistischen Partei waren die Schwierigkeiten nicht gering. Wir standen einer starken Sozialdemokratischen Partei gegenüber, die uns mit ihrer zahlenmäßigen Überlegenheit, ihr Routine in Demagogie und Massenbetrug zu erdrücken drohte. Eine Bande von prinzipienlosen Fraktionisten, Strebern und direkten Agenten des Klassenfeindes hatte sich in die Reihen unserer Partei eingeschlichen und sich führender Funktionen bemächtigt; sie hemmten die Partei in ihrer Entwicklung. Aber die gesunden und ehrlichen Kräfte der Partei kapitulierten nicht vor den Schwierigkeiten. Tausende Kommunisten arbeiteten unermüdlich am Aufbau der Partei und ließen sich durch Misserfolge und Rückschläge nicht entmutigen. Es war damals nicht leicht, Mitglied der Kommunistischen Partei zu sein. Man wurde verhöhnt und verspottet, man riskierte seinen Arbeitsplatz und sein Brot. Aber viel schlimmer als Arbeitsplatz und Brot zu verlieren, viel schlimmer war das Bewusstsein, für eine gerechte Sache im Interesse des arbeitenden Volkes zu kämpfen und von den Massen nicht verstanden zu werden. Wir lernten von der Partei Lenins und Stalins, zähe und ausdauernd alle Hindernisse zu überwinden und ohne Rücksicht auf persönliche Interessen der Partei und der Arbeiterklasse die Treue zu bewahren.“

Koplenig wusste, dass es für Kommunistinnen und Kommunisten nicht ausreicht, von einer besseren Zukunft zu träumen. Er führte aus, dass die Kommunistinnen und Kommunisten den Weg in die Zukunft verstehen müssen und lernen müssen, die Massen auf den Weg in die Zukunft zu führen. Doch um dies zu lernen, genügt es nicht, „in kommunistischen Büchern, in kommunistischen Zeitschriften und Broschüren“ die Erfahrungen anderer Revolutionärinnen und Revolutionäre zu studieren. Und so war es eine der hervorstechendsten Eigenschaften Koplenigs, der von den Revisionisten der 50er, 60er und 70er Jahre als Dogmatiker beschimpft wurde und in deren Tradition sich die heutige KPÖ gerne stellt, politische Veränderungen und Entwicklungen schon an den ersten Symptomen zu erkennen. Eine wichtige Voraussetzung, um die Lage immer wieder neu zu analysieren und die richtigen Schlussfolgerungen aus der Veränderung zu ziehen. Erwin Zucker-Schilling schrieb in einem Artikel in „Weg und Ziel“ zu Koplenigs zehntem Todestag, dass es nicht immer leicht gewesen sei, bei seinem Tempo mitzuhalten.

Die Arbeit nach 1934

In seinem Artikel erinnert er sich an die ersten Wochen nach den blutigen Ereignissen des Februar 1934 und den bewaffneten Kampf der österreichischen Arbeiterklasse gegen den Faschismus. Die KPÖ war damals bereits seit einem Jahr illegalisiert und nun wurden auch die SPÖ und die freien Gewerkschaften verboten. Letztere wurden durch ein von der Regierung gegründete Einheitsgewerkschaft ersetzt. In den ersten Wochen dominierte die Losung „Boykottiert diese Zwangsorganisation!“, hinter der auch die KPÖ stand. Zucker-Schilling berichtet, dass Koplenig sich häufig mit Arbeiterinnen und Arbeitern, Gewerkschafterinnen und Gewerkschaftern sowie Parteiorganisationen traf, die über das Wochenende über die Grenze kamen, um mehr über die Lage im Land zu erfahren. Beim Zuhören formten sich schon bald folgende Gedanken: „Sollten wir nicht überlegen, ob es richtig ist, darauf zu verzichten, legale Möglichkeiten für den Kampf der Arbeiterschaft zu nutzen?“ Und so führte Koplenig Gespräche darüber und diskutierte die Frage auf Sitzungen. Die KPÖ beschloss schon bald, auch in der Einheitsgewerkschaft zu arbeiten und diese legale Form der Betätigung für den eigenen Kampf auszunützen. Zugleich trat sie der sektiererischen und linksradikalen Phrase der revolutionären Sozialisten entgegen, die jede legale Arbeit ablehnten.

Als der Anschluss Österreichs an das faschistische Deutsche Reich drohte, erklärte die KPÖ unter Johann Koplenigs Führung, dass die KPÖ bereit wäre jede Regierung zu unterstützen, die den deutschen Faschismus bekämpft. Die KPÖ betonte, dass sie jederzeit in der ersten Reihe steht, um für die Freiheit und Unabhängigkeit Österreichs zu kämpfen. Im Artikel „Zum Kampf der Kommunistischen Partei Österreichs 1934–1945“, der 1954 in ‚Weg und Ziel‘ erschien, führte Koplenig über die Jahre 1937 und 1938 aus: „Die Reichskonferenz unserer Partei im August 1937 legte die Linie der Partei für ihre Tätigkeit in der entscheidenden Phase des Kampfes zur Verteidigung Österreichs gegen den deutschen Faschismus fest. Die Kommunistische Partei war die einzige politische Partei in Österreich, die schon damals, im Jahre 1937, ganz klar die Gefahr des Überfalls Deutschlands auf Österreich erkannte und den Massen aufzeigte. (…) Die Partei gab sich Rechenschaft darüber, dass dieser Kampf nur erfolgreich sein kann, wenn er nicht alleine vom fortschrittlichen Teil der Arbeiterklasse, sondern von den breiten Volksmassen geführt wird; wenn er als nationaler Freiheitskampf geführt wird; wenn es gelingt, in dieser Frage eine breite Front, eine Volksfront zu schaffen, die weit über den Rahmen des fortschrittlichen Teils der Arbeiterklasse hinausgeht. Wir waren damals bestrebt, einen Zusammenschluss aller antihitlerisch eingestellten Österreicher und aller demokratischen Kräfte, die bereit waren dem Faschismus Widerstand zu leisten, zu erreichen.“

Diener seiner Klasse bis zum Tod

Koplenig diente seiner Klasse, wie eine Biografie Johann Koplenigs von Erwin Zucker-Schilling heißt. Viele Jahre davon als Vorsitzender der KPÖ. Als sich die Auseinandersetzungen im Vorfeld des 20. Parteitages der KPÖ mit den selbsternannten Erneuerern zu spitzten, bezog Johann Koplenig bereits schwerkrank und an das Krankenbett gefesselt noch einmal Stellung. 17 Tage vor seinem Tod, am 27. November 1968, erschien in der „Volksstimme“ ein Artikel von ihm, in dem er schrieb: „Das ist kein formales, sozusagen ‚Pflicht‘-Bekenntnis, keine Gebetsformel, die außerhalb unseres kritischen Denkens liegt. Bei aller Berücksichtigung der besonderen Bedingungen unseres Kampfes und unseres Weges ist daran nicht zu rütteln: Unsere unverbrüchliche Verbundenheit mit der Sowjetunion, unsere Solidarität mit ihr, macht unseren Kampf für die sozialistische Zukunft unserer Heimat erst zu glaubhafter Realität, erhebt ihn über visionäre Utopie, stellt ihn in den Rahmen der großen revolutionären Umgestaltungen, die seit einem halben Jahrhundert das Gesicht der Welt verändern und den Lauf der Geschichte bestimmen.“

Johann Koplenig blieb bis zu seinem Tod nicht nur der Kommunistischen Partei Österreichs, sondern dem internationalen Proletariat und dem Kampf für eine sozialistische Zukunft verbunden. Den Kampf, den die KPÖ spätestens mit dem Parteitag 2005 auf aufgegeben hat, führt heute die Partei der Arbeit Österreichs fort. Es ist die Aufgabe der Partei der Arbeit Österreichs, den Klassenkampf, den Kampf für eine revolutionäre, für eine sozialistische Umwälzung zu organisieren. Es ist für die PdA von außerordentlicher Bedeutung, die Erfahrungen und Lehren von Revolutionären wie Johann Koplenig, Friedl Fürnberg oder Franz Honner sowie der gesamten kommunistischen Bewegung zu studieren und für die eigene politische Arbeit nutzbar zu machen.

Quelle:

  • Leopold Spira, Geschichte der österreichischen Arbeiterbewegung. II. Vom ersten Weltkrieg bis 1927, 1952.
  • Erwin Zucker-Schilling, Was sagt uns Johann Koplenig in Weg und Ziel, Jhg. 36/Nr. 12, 1978.
  • Johann Koplenig, „Zum Kampf der Kommunistischen Partei Österreichs 1934–1945 in Die Kommunisten im Kampf für die Unabhängigkeit Österreichs, 1955.
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