Die Skisprunganlage in Klingenthal, bisher als Sparkasse Vogtland-Arena bekannt, bekommt einen neuen Namensgeber: Harry Glaß (1930–1997), DDR-Sportikone, Olympiamedaillengewinner, Major der Volkspolizei, Mitglied der SED.
Dresden. Im sächsischen Klingenthal agiert man bei der Benennung öffentlicher Bauten momentan gegen den ahistorischen Zeitgeist. Während überall Straßennamen, Denkmäler oder sogar Gebäude verschwinden müssen, die auch nur entfernt auf die Deutsche Demokratische Republik, den Sozialismus und den Marxismus-Leninismus verweisen, geht die Kleinstadt Klingenthal den umgekehrten Weg. Im Konkreten betroffen ist die örtliche Skisprunganlage.
Diese wurde ursprünglich, 1957–1959, als Teil des Wintersportzentrums der DDR gebaut und vom Sportclub Dynamo der Volkspolizei betrieben. Diese “Große Aschbergschanze” durfte jedoch die Konterrevolution nicht überleben, sondern wurde 1990 rabiat gesprengt. Als man später die regionale Wintersporttradition des Erzgebirges verwertbar machen wollte, errichtete man 2006 eine neue Schanze in Klingenthal. Diese hat sich seither als internationaler Austragungsort auf höchstem Niveau etabliert, für Skispringer (aber auch Kombinierer), Rekordsieger sind Gregor Schlierenzauer und Marita Kramer. Zur Vermarktung gehörte freilich auch ein verkaufter Name – der diesbezügliche Sponsor war bislang die Sparkasse Vogtland, ergo: “Sparkasse Vogtland-Arena”.
Das ändert sich nun. Wird ein Geldgeber durch einen anderen ersetzt? Heißt die Location künftig „Red Bull Jump“ oder vielleicht „Rheinmetall Abschussrampe“? Nein, keineswegs. Und der neue Namensgeber kann gar nichts bezahlen, er ist bereits verstorben und eine Sportikone aus der DDR, aus Klingenthal eben, um genau zu sein: Harry Glaß. – Da klingelt nichts? Sollte aber. Zugegeben, bei DDR-Skispringern denkt man zuerst an die Namen Recknagel, Danneberg, Weißpflog, aber Glaß hat ihnen allen etwas voraus: Er war 1956 in Cortina der erste Olympiamedaillengewinner aus der DDR, durch einen dritten Platz im Skispringen – nur die finnischen Favoriten waren damals nicht zu besiegen. Seither ist Glaß der wohl berühmteste Sohn Klingenthals, wenngleich die restliche Karriere nicht ganz nach Wunsch verlief: Nach einem schweren Sturz in Innsbruck musste er schließlich 1961 als aktiver Athlet aufhören. Stattdessen wurde er Nachwuchstrainer beim SC Dynamo Klingenthal. 1988 ging Glaß gerade rechtzeitig in Pension, 1997 verstarb er nach andauernden Herzbeschwerden.
Nun erhält Harry Glaß also fast 70 Jahre nach seiner Olympiamedaille und 28 Jahre nach seinem Tod eine neue Ehrung – und diese sogar in der BRD (“Meister des Sports” und “Vaterländischer Verdienstorden” der DDR sind längst abgehakt): Ab nun trägt die Skisprunganlage in seiner Heimat seinen Namen. In der kommenden Saison werden Topspringer wie Stefan Kraft, Domen Prevc und Ryoyu Kobayashi auf der Harry-Glaß-Schanze antreten.
Ein wenig Anerkennung darf dann auch der DDR zukommen. Immerhin war es einer ihrer größten Sporthelden, der 1956 in der “gesamtdeutschen” Mannschaft für historisches olympisches Edelmetall sorgte: Harry Glaß (1930–1997), Skisprunglegende, Major der Volkspolizei und Mitglied der Sozialistischen Einheitspartei (SED).





















































































