HomeFeuilletonWissenschaftWHO-Chef kritisiert „Booster“-Impfungen in reichen Ländern

WHO-Chef kritisiert „Booster“-Impfungen in reichen Ländern

In einigen reicheren Ländern sollen rasche Auffrischungsimpfungen die Corona-Pandemie absehbar beenden. Dabei wird übersehen, dass dies nicht nur egoistisch, sondern auch recht kurz gedacht ist.

Genf. Tedros Adhanom Ghebreyesus, Generalsekretär der Weltgesundheitsorganisation WHO, hat die aktuell in Teilen Europas – und auch in Österreich – forcierten Auffrischungsimpfungen für gesunde Geimpfte verurteilt. Klingt zunächst seltsam, doch Tedros hat durchaus einen nachvollziehbaren Punkt, wenn er feststellt: „Täglich werden weltweit sechs Mal mehr Auffrischimpfungen verabreicht als erste Impfdosen in Ländern mit niedrigen Einkommen. Das ist ein Skandal, der jetzt gestoppt werden muss.“ Auffrischungen oder das Impfen von Kindern hätten keinen Sinn, solange Gesundheitspersonal und besonders gefährdete Menschen in ärmeren Ländern noch auf ihre erste Impfdosis warteten, beklagte der seit 2017 amtierende WHO-Chef.

Die Menschen könnten mit den vorhandenen Schutzmaßnahmen geschützt werden, darunter testen, Maske tragen, Abstand halten sowie guter Lüftung und dem Vermeiden von Menschenansammlungen auf engem Raum. „Mit der richtigen Mischung können Länder sowohl die Übertragung von Covid-19 niedrig halten als auch ihre Gesellschaften und Wirtschaft offenhalten“, sagte Tedros. „Kein Land kann sich einfach aus der Covid-19-Pandemie herausimpfen.“ Nach Angaben der WHO fehlen für das Ziel, bis Ende des Jahres in jedem Land der Welt 40 Prozent der Bewohner zu impfen, noch hunderttausende Millionen Impfdosen. Die WHO appellierte erneut an Länder mit großen Mengen Impfstoff, auf Lieferungen zugunsten des UNO-Programms Covax zu verzichten, das vor allem ärmere Länder versorgt.

Als früherer Gesundheitsminister Äthiopiens und ehemaliges Mitglied der marxistisch-leninistischen Volksbefreiungsfront von Tigray weiß Tedros, wovon er spricht, denn er kennt die systematische Benachteiligung der abhängigen Länder in Afrika, Lateinamerika und Teilen Asiens gegenüber den imperialistischen Zentren. Im konkreten Fall einer globalen Pandemie ist es zudem aber besonders naiv, wenn einzelne europäische Regierungen nur auf das eigene Land oder allenfalls die EU schauen, ohne zu begreifen, dass eine Pandemie nur global besiegt werden kann.

Quelle: Kurier

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