HomeInternationales100 Tage Volkskampf in Sri Lanka

100 Tage Volkskampf in Sri Lanka

Im krisengebeutelten Sri Lanka gehen die Proteste auch nach 100 Tagen und dem Rücktritt des Präsidenten weiter. Im Parlament soll ein Nachfolger für den geflüchteten Rajapaksa gewählt werden.

Colombo. In Sri Lanka finden seit nun über 100 Tagen massive Proteste statt. Eine hauptsächlich von Jugendlichen angeführte Massenprotestbewegung gegen die tiefe kapitalistische Krise prägte die Hauptstadt Colombo erneut auch am 100. Tag der Auseinandersetzungen. Unterversorgung, Teuerung und Armut treiben das Volk auf die Straße.

Seit Beginn des Volks- und Klassenkampfes zwangen die Demonstrierenden den Präsidenten und den Premierminister – beide Brüder aus dem mächtigen und unbeliebten Rajapaksa-Clan – zum Rücktritt. Präsident Gotabaya Rajapaksa floh vergangene Woche aus dem Land, um dem Aufstand zu entgehen. Gotabayas älterer Bruder, Mahinda Rajapaksa, war im Mai gezwungen, als Premierminister zurückzutreten, nachdem ein Angriff seiner Anhänger auf den Hauptprotestplatz in der Hauptstadt Colombo zu Gewalt auf der ganzen Insel geführt hatte. Ein dritter Bruder, der ehemalige Finanzminister Basil Rajapaksa, trat ebenfalls von seinem Parlamentssitz zurück und versuchte Anfang dieses Monats erfolglos, das Land zu verlassen.

Die Rajapaksas, deren politische Formation einen sozialdemokratischen Mantel trägt, dominierten abwechselnd mit der konservativ-wirtschaftsliberalen UNP die Politik des Inselstaates seit vielen Jahren und dienten den Interessen des Kapitals und dem System, das das Volk in die aktuelle Krise führte.

JVP schätzt Massenbewegung positiv ein

Am Sonntag wurde der Ausnahmezustand im Land durch den amtierenden Premier Ranil Wickremesinghe, der am 12. Mai noch von Präsident Rajapaksa ernannt wurde und nun auch als „Übergangspräsident“ fungiert, erneut verlängert. Dieser wurde bereits in der Vergangenheit von der marxistisch-leninistischen Volksbefreiungsfront (JVP) kritisiert: Solche Maßnahmen dienen der Stabilisierung eines Systems, das von der Mehrheit im Land abgelehnt wird.

Wie wir an anderer Stelle ausführlich berichteten, unterstützt die marxistisch-leninistische Volksbefreiungsfront (JVP) die Massenproteste und sieht diese sowie den Sturz des Präsidenten als positiven Schritt im Volks- und Klassenkampf. Sie betont, dass es kein freiwilliger Rücktritt war, sondern das Resultat des erfolgreichen Kampfes, der bewusst fortgesetzt werden müsse.

Das eigentliche Ziel der JVP liegt den Einsichten des Marxismus-Leninismus folgend im Sturz jeder bürgerlich-kapitalistischen Herrschaft und in der proletarisch-sozialistischen Revolution auf dem Wege des Klassenkampfes.

Präsidentschaftskandidat der Volksbefreiungsfront

Am Mittwoch wird im Parlament Sri Lankas ein neuer Präsident für die restliche laufende Funktionsperiode bestimmt, wobei der Ausgang ungewiss ist. Als einer von drei Kandidaten tritt „Übergangspräsident“ Wickremesinghe von der Vereinigten Nationalpartei (UNP) an. Auch wenn er eigentlich der Opposition gegen Rajapaksa, der ihn in einem Kompromiss vor zwei Monaten zum Premierminister machte, entstammt, so ist der 73-Jährige seit Jahrzehnten Teil des politischen Establishment und somit des Problems, nicht der Lösung.

Gleiches gilt für den anderen Kandidaten: Dullas Alahapperuma kommt direkt aus dem mehr oder minder gestürzten Regierungslager und fungierte unter dem Rajapaksa-Clan seit 2019 als Minister mit wechselnden Ressorts, zuletzt für Medien. Auch er stünde somit für die Kontinuität jener Politik, die für die gegenwärtige Krise verantwortlich ist.

Als einziger Kontrapunkt kann die Kandidatur des JVP-Vorsitzenden Anura Dissanayake gesehen werden. Natürlich wird er keine Mehrheit unter den Abgeordneten erreichen, denn die Systemparteien werden sich schon irgendwie einigen. Trotzdem ist das Signal an die Bevölkerung klar: Nur die JVP und ihr Bündnis „Nationale Volksmacht“ (NPP) stehen für jenen Wechsel, den Sri Lanka benötigt, sowie für den fortgesetzten revolutionären Kampf gegen das bürgerlich-kapitalistische Regime.

Quelle: Zeitung der Arbeit/Al Jazeera News/JVP

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