Der Brite Benjamin Hannam wurde wegen Mitgliedschaft in der Terrororganisation „National Action“ verurteilt. Sein Dienstgeber, die Metropolitan Police, wusste angeblich jahrelang von nichts.
London/Großbritannien. Die Aufnahme bei der „Met Police“, der städtischen Polizei Londons, war für Bejamin Hannam ein Kinderspiel. Dass ein Propagandavideo seiner Nazi-Gruppe das Gesicht des damals 20-Jährigen zeigte, veröffentlicht zwei Tage bevor er sich für den Job bei den Bullen bewarb – überhaupt kein Problem. Denn Hannam war so klug, am Bewerbungsformular auf die Frage, ob er rassistischen Gruppierungen angehöre, „Nein“ anzukreuzen. Bewerbung angenommen, keine weiteren Fragen.
Nun handelt es sich bei „National Action“ nicht um irgendeine obskure Vereinigung, sondern um eine seit 2016 verbotene, faschistische Terrororganisation. Und zwar als erste seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs; die britischen Gesetzgeber und Gerichte sind diesbezüglich sehr liberal. Den „National Action“-Mitgliedern sind British National Party & Co. zu lasch; im Gegensatz zu diversen „Identitären“ müssen sie als konspirative Gruppe aus ihrer Begeisterung für Hitler, Breivik und Mosley keinen Hehl machen. Kurz vor dem Verbot waren gleich mehrere Mitglieder dabei, Mordanschläge gegen Migranten und unliebsame Politiker zu verüben.
Doch zurück zu Hannam: Dieser verübte zwei Jahre brav seinen Dienst bei der Polizei und fiel mit seinen faschistischen Ansichten überhaupt nicht auf. Bis im November 2019 die Benutzerdaten des Naziforums „Iron March“ gehackt wurden. Diese antifaschistische Initiative (die Behörden waren am Zugriff angeblich gescheitert) konnte auch von den Ermittlern nicht mehr ignoriert werden. Hannam wurde verhört und schließlich der Prozess gemacht.
Autismus und homosexuelle Großeltern
Was dann im Gerichtsverfahren an Ausflüchten und Ausreden herhalten müssen, passt so gar nicht zum gut gepflegten Image des strammen Rechten, der mutig zu seiner Überzeugung steht. Denn Hannam wollte bei „National Action“ überhaupt nur mitgemacht haben, um deren Mitglieder zu beeindrucken. Er sei keinesfalls ein Faschist, denn schließlich habe er einen homosexuellen Großelternteil und zu Schulzeiten einmal eine Freundin aus Mauritius gehabt. Die Verteidigung versuchte überhaupt gleich, einen Zusammenhang zwischen Hannams Autismus und dem Interesse für Faschismus (wegen Strukturen und Ordnung) zu konstruieren.
Das mag die Londoner Polizei jahrelang geglaubt haben, es mag ihr auch egal gewesen sein, solange die Öffentlichkeit nichts von Hannams Ansichten erfuhr – für die Jury war der Fall diese Woche jedoch klar: Schuldspruch für Mitgliedschaft in einer Terrororganisation (erstmals für einen britischen Polizisten), den Besitz von belastendem Material und, Ordnung muss sein, dreist falsche Angaben bei seiner damaligen Bewerbung. Ein weiteres Verfahren droht Hannam wegen auf seinem Computer gefundenen Fotos. Für den Terrorabwehr-Chef der Metropolitan Police, Richard Smith, war alles ein „einzigartiger Fall“. Das kennt man ja bereits, auch hierzulande.
Quellen: Morning Star, Metropolitan Police