Die britische Regierung plant Sozialkürzungen in Höhe von 4,8 Milliarden Pfund (ca. 5,75 Milliarden Euro), was laut eigenen Schätzungen 250.000 Menschen in relative Armut treiben und Millionen von Familien finanziell belasten wird. Kritiker werfen der Regierung vor, auf Kosten von Menschen mit Behinderungen und Erkrankungen zu sparen, während diese betont, dass neue Maßnahmen helfen sollen, Betroffene in Arbeit zu bringen.
London. Die am Mittwoch von Großbritannien angekündigten Sozialkürzungen werden laut Schätzungen der Regierung bis zum Ende des Jahrzehnts 250.000 Menschen in relative Armut treiben und Millionen von Familien mit weniger Geld zurücklassen. Allerdings erklärte die Regierung, dass diese Schätzungen neue Maßnahmen nicht berücksichtigten, die Menschen mit Behinderungen und langfristigen gesundheitlichen Problemen in Arbeit bringen sollen, um die Auswirkungen auf die Armut abzumildern.
Im Rahmen ihrer halbjährlichen Haushaltsrede vor dem Parlament bestätigte Finanzministerin Rachel Reeves, dass die Labour-Regierung Sozialleistungen kürzen werde – darunter auch Unterstützung für Menschen mit Krankheiten und Behinderungen – um insgesamt 4,8 Milliarden Pfund (ca. 5,75 Milliarden Euro) in den nächsten fünf Jahren.
„Wir sind zuversichtlich, dass die von uns vorgenommenen Änderungen und die Unterstützung, die wir leisten, um Menschen in Arbeit zu bringen, dazu führen werden, dass mehr Menschen erfüllende Karrieren haben und anständige Löhne verdienen … das ist der beste Weg, um Familien aus der Armut zu holen“, sagte Reeves auf einer Pressekonferenz.
Die Regierung erklärte, dass derzeit jeder zehnte erwerbsfähige Mensch eine Krankheits- oder Behindertenleistung beziehe. In ihrer Folgenabschätzung zu den Änderungen schätzte die Regierung, dass 50.000 der 250.000 Menschen, die voraussichtlich in relative Armut geraten, Kinder seien. Die Regierung definiert relative Armut – unter Berücksichtigung der Wohnkosten – als das Leben in einem Haushalt mit einem Einkommen unter 60 Prozent des mittleren Einkommens des jeweiligen Jahres.
„Diese drohenden Leistungskürzungen werden noch mehr Menschen in die Armut treiben, anstatt sie herauszuholen“, sagte Clare Moriarty, Geschäftsführerin von Citizens Advice, einer Organisation, die Menschen bei Problemen wie Schulden und Wohnungsfragen unterstützt.
Die Regierung schätzte, dass im Rahmen des Plans bis 2029/30 rund 800.000 Menschen den „Alltagskosten“-Bestandteil der „Personal Independence Payment“ (PIP) nicht mehr erhalten werden – eine derzeit an 3,6 Millionen Menschen mit gesundheitlichen Problemen und Behinderungen in Großbritannien gezahlte Geldleistung.
„Es ist eine politische Entscheidung, die öffentlichen Finanzen durch Kürzungen bei den Einkommen von Menschen mit Behinderungen sanieren zu wollen“, sagte Sarah Hughes, Geschäftsführerin der psychischen Gesundheitsorganisation Mind.
Die Regierung erklärte, dass sie Menschen mit langfristigen gesundheitlichen Problemen weiterhin durch PIP unterstützen werde, aber ihre Reformen das System gezielter und nachhaltiger gestalten sollen, um das soziale Sicherheitsnetz für diejenigen sicherzustellen, die es am meisten brauchen. Laut einer YouGov-Umfrage in diesem Monat glauben 68 Proeznt der Britinnen und Briten, dass das Sozialleistungssystem schlecht funktioniert und reformbedürftig ist. James Taylor von der Behindertenhilfsorganisation Scope sagte, die Regierung sei „eifrig dabei, weitere Kürzungen vorzunehmen, ohne über die Auswirkungen auf Menschen mit Behinderungen nachzudenken“. Die Folgenabschätzung der Regierung ergab, dass bis zum Ende des Jahrzehnts 3,2 Millionen Familien – sowohl derzeitige als auch künftige Empfänger von Behindertenleistungen – durchschnittlich 1.720 Pfund (ca. 2.062 Euro) pro Jahr verlieren werden.
Quelle: Reuters