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Israelische Kriegslügen beginnen zu bröckeln, viertägige Waffenruhe vereinbart

Spätestens seit dem Wochenende beginnen die israelischen Kriegslügen zu bröckeln. Verschiedenen Berichte und Untersuchungen der vergangenen Tage stellen die israelische Propaganda in verschiedenen Aspekten infrage. Die Hamas und Israel haben sich unterdessen auf eine viertägige Waffenruhe geeinigt.

Tel Aviv. Die israelische Regierung hat sich mit der bewaffneten palästinensischen Gruppe Hamas auf eine viertägige Waffenruhe geeinigt. Im Zuge der Feuerpause sollen 50 zivile Frauen und Kinder, die von der Hamas in den Gazastreifen entführt wurden, freigelassen werden. Im Gegenzug soll Israel 150 palästinensische Frauen und Kinder aus israelischen Gefängnissen entlassen. Israel ist einer der wenigen Staaten weltweit, in dem auch Kinder vor Militärgerichte gestellt werden. Insgesamt sitzen derzeit rund 7.200 Palästinenserinnen und Palästinenser in israelischen Gefängnissen. Bereits vor dem Angriff der Hamas und anderer bewaffneter Gruppen auf Israel am 7. Oktober befanden sich rund 5.200 Palästinenserinnen und Palästinenser, darunter zahlreiche Kinder, in israelischen Haftanstalten.

Ungeachtet der vereinbarten Waffenruhe setzt Israel sein Bombardement des Gazastreifens fort. Begründet wird die fortgesetzte Aggression, die sich in erster Linie gegen Zivilistinnen und Zivilisten richtet, damit, dass sich die Freilassung der Geiseln durch die Hamas verzögere. Die Waffenruhe würde erst in Kraft treten, wenn alle Teile der Vereinbarung inklusive der Freilassung der Geiseln umgesetzt werde, so das israelische Militär.

Umfangreiches Versagen des israelischen Militär- und Geheimdienstapparats

Am 7. Oktober hatten verschiedenen bewaffnete palästinensische Gruppen einen gemeinsamen Ausbruch aus dem Gazastreifen und einen Angriff auf Israel organisiert. Hamas, Islamischer Jihad, die Demokratische Front zur Befreiung Palästinas und die Volksfront zur Befreiung Palästinas hatten in einer gemeinsamen Aktion Grenzposten des israelischen Militärs durchbrochen und Israel vom Norden her angegriffen. Ziel der als al-Aqsa-Flut bezeichneten Operation war es nach Auskunft der beteiligten Organisationen, die Bedingungen für eine Befreiung der palästinensischen Gefangenen aus den israelischen Gefängnissen zu schaffen. Sie sollten gegen Geiseln ausgetauscht werden. Im Zuge des palästinensischen Angriffs auf Israel starben rund 1.400 Israelis, ein Viertel davon waren israelische Soldatinnen und Soldaten. Hierzulande wird gerne so getan, als habe es nur tote Zivilistinnen und Zivilisten gegeben. In den Tagen nach der Offensive wiesen die bewaffneten Gruppen Angriffe auf die israelische Zivilbevölkerung zurück. Neue Erkenntnisse stellen zumindest infrage, ob tatsächlich alle Opfer von den bewaffneten palästinensischen Gruppen getötet wurden.

Bereits im Vorfeld der al-Aqsa-Flut scheint es zu einem umfangreichen Versagen des israelischen Militär- und Geheimdienstapparats gekommen zu sein. Die israelische Tageszeitung Haaretz schreibt, dass das israelische Militär Berichte über Übungen des bewaffneten Arms der Hamas, den Grenzzaun zu durchbrechen und Orte in der Nähe des Grenzzauns zu überfallen, einfach in den Wind schlug. Die Berichte wurden als „Fantasien“ abgetan. Jael Rothenberg beobachtete von einem Aussichtsposten des israelischen Militärs an der Grenze zu Gaza aus, wie Kämpfer der Hamas mit Karten hantierten, Schritte zählten und Tunnel gruben. Solche Berichte wurden zurückgewiesen mit der Feststellung, dass es sich um Farmarbeiten handle. Politisches Kalkül dürfte dabei eine Rolle gespielt haben.

Militär schoss auf Zivilistinnen und Zivilisten

Untersuchungen der Polizei deuten darauf hin, dass der Angriff auf das Festival in der Negev-Wüste von den Hamas-Kämpfern nicht geplant war. Vielmehr dürften sie über Drohnen oder ähnliches von dem Festival erfahren und die Angriffsoperation umgeleitet haben. Haaretz berichtet darüber, dass die bisherigen Untersuchungen und Verhöre darauf hindeuten, dass zivile Tote auf dem Festival auch auf das Konto der israelischen Streitkräfte (IDF) gehen. Diese beschossen die Hamas mit einem Militärhubschrauber und so wurden wohl auch israelische Zivilistinnen und Zivilisten getroffen. Die Tageszeitung Junge Welt fügte dem hinzu, dass das auch die Reihen komplett ausgebrannter und beschossener Autos erklären würde.

Dass die bewaffneten palästinensischen Gruppen im Voraus nicht von dem Festival wussten, wird auch dadurch bestärkt, dass das Festival kurzfristig um einen Tag verlängert wurde und ursprünglich nur für die beiden Tage davor genehmigt worden war. Von den 4.400 Besucherinnen und Besuchern des Festivals konnte der größte Teil fliehen, da nach dem Abschuss der ersten Raketen eine Evakuierung angeordnet wurde.

Krankenhäuser als Operationszentralen der Hamas

Seit Beginn des Krieges verbreitet Israel die Ansicht, dass die Hamas Krankenhäuser für ihre Militäroperationen nutzen würde. Insbesondere das al-Schifa-Krankenhaus rückte dabei in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Das israelische Militär behauptet, dass die Hamas im Krankenhaus eine Zentrale eingerichtet hätte. Die Armee bombardierte das Spitalsgebäude, umstellte es und stürmte es schließlich. In den folgenden Tagen wurden angebliche Beweise präsentiert.

Der US-Nachrichtensender CNN berichtet hingegen, dass die vorgelegten Beweise nicht stimmig wären. CNN weist darauf hin, dass die Tatsache, dass unter dem al-Schifa-Krankenhaus ein Netzwerk von Tunnels besteht, noch kein ausreichender Beweis dafür ist, dass es sich um eine Kommandozentrale der Hamas handle. Videoaufnahmen, die von den IDF selbst präsentiert wurden, weisen zudem Unstimmigkeiten mit späteren Videoaufnahmen von Fox News und BBC auf, die von der Armee Zugang erhielten. Hinter einem MRT-Gerät zeigten die IDF bspw. eine Kalaschnikow, bei BBC und Fox News sind plötzlich zwei zusehen. Das deutet darauf hin, dass gezielt Waffen an verschiedenen Orten platziert wurden. Andere vom israelischen Militär präsentierte Videoaufnahmen konnten nicht unabhängig geprüft werden.

Ehud Barak, ehemaliger israelischer Premierminister, geht in einem Interview mit CNN darauf ein, dass Israel während seiner Präsenz im Gazastreifen bereits unterirdische Räume und Gänge im Al-Schifa Krankenhaus errichtet hätte, um die begrenzten Kapazitäten zu erweitern. Er stellt auch die israelische Behauptung von einem Hauptquartier der Hamas im Spital infrage, wenngleich auch er davon ausgeht, dass die Hamas das Gebäude militärisch nutzen würde.

Die Hamas hat die Behauptung stets mit aller Vehemenz zurückgewiesen, dass sie das al-Schifa-Krankenhaus oder andere medizinische Einrichtungen für ihre Operationen nutzen würden. Unterstützt wird das vom Krankenhauspersonal, das jede Behauptung einer Präsenz der Hamas im al-Schifa zurückgewiesen hat. Sie fordern eine unabhängige Untersuchung durch die UNO. Eine solche unabhängige Untersuchung lehnt Israel jedoch ab. Die präsentierten Beweise sind allerdings wenig glaubwürdig und können einen Angriff auf zivile Infrastruktur wie Krankenhäuser nicht rechtfertigen. Israel hält ungeachtet dessen an der Behauptung fest und hat den Direktor des al-Schifa-Krankenhauses verhaftet, um ihn in Israel zu verhören, da unter seiner Verantwortung al-Schifa in eine Kommandozentrale der Hamas umgewandelt worden wäre.

Erfolgreiche Bodeninvasion

Auch die Bodeninvasion im Gazastreifen selbst dürfte nicht so erfolgreich laufen, wie das israelische Militär behauptet. Außer der oben geschilderten Belagerung von Krankenhäusern durch die Armee und mehr als 14.000 toten Palästinenserinnen und Palästinenser, wovon rund zwei Drittel Frauen und Kinder sind, kann Israel momentan keine Erfolge vorweisen.

Die Junge Welt berichtet in ihrer gestrigen Ausgabe, dass Fayez Al-Duwairi, Militäranalyst bei Al-Dschasira und pensionierter Offizier der jordanischen Streitkräfte, davon ausgeht, dass die Verluste der IDF in Gaza wesentlich höher sind, als die israelische Regierung zugibt. Er analysiert die Lage regelmäßig anhand von Satellitenbildern und von der Hamas selbst veröffentlichten Videos von Angriffen auf die IDF. Al-Duwairi schätzt anhand dessen auf rund 4.000 bisher getötete oder verletzte israelische Soldatinnen und Soldaten und mindestens 300 zerstörte Fahrzeuge. Mit diesen Analysen steht er nicht alleine. Scott Ritter, ein ehemaliger US-Geheimdienstanalyst, bezeichnete in einem Interview zuletzt den Zustand der israelischen Streitkräfte als „nicht sehr gut“.

Das erscheint durchaus stimmig vor dem Hintergrund, dass die Kampferfahrung der IDF im Wesentlichen auf die Gängelung der palästinensischen Zivilbevölkerung im besetzten Westjordanland beschränkt. Hinzu kommt, dass es kaum geografische Kenntnisse über den Gazastreifen seit dem Abzug im Jahr 2005 gibt. Ein Kampf im dichtbesiedelten Gebiet von Gaza ist damit nicht vergleichbar.

Quelle: Haaretz/Haaretz/CNN/CNN/Junge Welt/AJ/AJ

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