In Serbien eskalieren erneut die Proteste gegen Korruption und Medienkontrolle – ausgelöst durch ein Unglück in Novi Sad vor neun Monaten. Bei landesweiten Zusammenstößen zwischen Demonstranten, Polizei und Anhängern der Regierungspartei wurden Dutzende verletzt, darunter Sicherheitskräfte und Soldaten.
Belgrad. Neun Monate nach dem Einsturz eines Vordachs am Bahnhof von Novi Sad, bei dem 16 Menschen ums Leben kamen, dauern die Proteste in Serbien unvermindert an. Seit dem 1. November 2024 organisiert die Studentenbewegung landesweite Demonstrationen. Sie wirft der politischen Führung Korruption vor, die als Ursache des Unglücks gilt, sowie einen Mangel an Demokratie und eine zu starke Kontrolle der Medien.
Donnerstagabend es in mehreren Städten, darunter Belgrad und Novi Sad, zu neuen gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Demonstrantinnen, Demonstranten und Sicherheitskräften. Auch in Niš, Kruševac, Kragujevac, Obrenovac, Valjevo, Negotin und Kraljevo wurden Unruhen gemeldet. Laut Angaben wurden Dutzende Menschen verletzt, darunter Polizisten und Soldaten der Armee.
Parteibüros mit Müll beworfen
In Belgrad und Novi Sad bildete die Polizei massive Absperrungen, um Zusammenstöße zwischen Demonstrierenden und Mitgliedern der regierenden Serbischen Fortschrittspartei (SNS) zu verhindern. Diese hatten sich versammelt, um ihre Parteibüros zu schützen. Die Sicherheitskräfte wurden über längere Zeit mit Steinen, Flaschen, Müllsäcken und weiteren Gegenständen beworfen und reagierten mit Entlastungsangriffen und dem Einsatz von Tränengas. Auf Büros der SNS wurden außerdem Farbe, Steine, Eier und Böller geworfen.
Präsident Aleksandar Vučić sowie die gesamte serbische Führung verurteilten die Ausschreitungen scharf und bezeichneten die gewaltsamen Demonstranten erneut als „Faschisten“. Innenminister Ivica Dačić sprach von einem „brutalen Angriff“ auf die Sicherheitskräfte und berichtete von mindestens fünf verletzten Polizisten sowie 14 Festnahmen.
Vučić will „Bürgerkrieg“ verhindern
Unter den Festgenommenen befinden sich drei Ausländer: ein Kroate, ein Slowene und der Italiener Alessio Laterza (45), der über eine befristete Aufenthaltserlaubnis in Serbien verfügt.
Insgesamt wurden bei den Zusammenstößen rund 80 Menschen verletzt, die den Protesten ablehnend gegenüberstehen, darunter 27 Polizisten und sieben Soldaten. Vučić erklärte in einer nächtlichen Ansprache, der Staat sei „stark genug, um jeden Versuch zu verhindern, einen Bürgerkrieg zu entfachen und den Frieden und die Sicherheit im Land zu gefährden“.
Quelle: IlFattoQuotidiano