Am 24. Juli 2020 verstarb die russische Kommunistin und Wissenschaftlerin Nina Alexandrowna Andrejewa in ihrer Heimatstadt St. Petersburg. Zum Zeitpunkt ihrer Geburt, am 12. Oktober 1938, hieß diese freilich noch Leningrad – nach dem Führer der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution, die hier am 7. November 1917 gesiegt hatte, was wiederum Voraussetzung für die Schaffung der Sowjetunion war. Dies und weitere historische Ereignisse prägten Andrejewa für ihr Leben, das durchwegs politisch und kämpferisch im Sinne des Marxismus-Leninismus und Sozialismus war.
Am 22. Juni 1941 überfiel die deutsch-faschistische Wehrmacht die UdSSR. Dass der Große Vaterländische Krieg für die sozialistische Staatsmacht siegreich endete, war teuer erkauft: 27 Millionen Sowjetbürgerinnen und ‑bürger sollten bis Mai 1945 sterben. Und davon war auch Andrejewas Familie unmittelbar betroffen: Der Vater fiel als Rotarmist an der Front. Sie selbst befand sich, damals im Vorschulalter, von September 1941 bis Ende Januar 1944 im von der Wehrmacht belagerten und blockierten Leningrad. In der eingeschlossenen Stadt starb mindestens eine Million Zivilisten durch deutsche Artillerie, Bomben, Hunger und Krankheiten, darunter zwei von Andrejewas Geschwistern. Doch aus dem heroischen Sieg über die faschistische Bestie nahm sie die Gewissheit der Überlegenheit des Sozialismus über Kapitalismus und Imperialismus mit.
Nach dem Schulabschluss studierte Andrejewa am Leningrader Technologie-Institut Chemie, was der sozialistische Arbeiterstaat eben auch Menschen mit proletarischer Herkunft gezielt ermöglichte. Sie spezialisierte sich auf Spezialkeramik und Quarzglas und schloss 1961 ab. Es folgten weitere Studien, Forschung und Promotion, 1972 ein Lehrauftrag für Physikalische Chemie. Dazwischen, 1966, war sie Mitglied der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (KPdSU) geworden. Sie bemerkte damals schon das Aufkommen des modernen Revisionismus, wurde als Kritikerin aus der Partei ausgeschlossen, doch nach Überprüfung durch die Zentrale Kontrollkommission wieder aufgenommen.
Große Bekanntheit in der UdSSR und in weiterer Folge auch im Westen erlangte Nina Andrejewa durch einen Artikel, der am 13. März 1988 in der Zeitung „Sowjetskaja Rossija“ (Советская Россия, „Sowjetrussland“), dem Zentralorgan der KP in der RSFSR, erschien. Unter dem berühmten Titel „Ich kann meine Prinzipien nicht aufgeben“ („Не могу поступаться принципами“) bezog sie klar Stellung für den Marxismus-Leninismus und gegen Michail Gorbatschows „Perestroika“, die sie als Mittel zur Zerstörung des Sozialismus und der UdSSR entlarvte, was großes Aufsehen hervorrief und viel Zustimmung erntete. Der Generalsekretär der KPdSU sah sich genötigt, am 5. April in der „Prawda“ eine scharfe Replik veröffentlichen zu lassen, gefolgt von einer regelrechten Kampagne gegen Andrejewa. Die revisionistischen Verräter und Konterrevolutionäre saßen bekanntlich längst am längeren Ast: Ende August 1991 wurde die KPdSU, aus der Gorbatschow zuvor ausgetreten war, verboten, zum Jahresende die Sowjetunion aufgelöst.
Andrejewa war allerdings nicht bereit zur Kapitulation. Vor der Illegalisierung organisierte sie die „Bolschewistische Plattform“ in der KPdSU, dann bemühte sie sich um die Einberufung eines außerordentlichen Parteitages. Im Ergebnis dessen kam es im November 1991 zur Gründung der „Kommunistischen Allunionspartei der Bolschewiki“ (Всесоюзная Коммунистическая партия большевиков), der Andrejewa als Generalsekretärin vorstand. Die Namensgebung der neuen Partei war eine bewusste Reminiszenz an die historische bolschewistische Partei, die von 1925 bis 1952 fast dieselbe offizielle Bezeichnung trug, ehe sie in KPdSU umbenannt wurde. Andrejewa widmete noch mehr als ein weiteres Vierteljahrhundert ihre Kräfte dem Kampf gegen Kapitalismus und Imperialismus, gegen Geschichtslügen und Diffamierungen der UdSSR, gegen Revisionismus, Reformismus und Opportunismus in der Arbeiterbewegung, für die proletarische Revolution und den Sozialismus. In Ihren Schriften und Artikeln analysierte sie die Konterrevolution in der Sowjetunion, die Grundlagen des modernen Revisionismus und des Antikommunismus, sie verteidigte die Prinzipien des Marxismus-Leninismus und des proletarischen Klassenkampfes. Sie benannte das neue Jelzin- und Putin-Regime als das, was es war und ist: eine reaktionäre Plutokratie des erneuerten Kapitalismus zur Unterdrückung und Ausbeutung der russischen Arbeiterklasse und Bauernschaft, in neuerlicher Komplizenschaft mit der orthodoxen Kirche.
Nina Alexandrowna Andrejewa wusste mit Bestimmtheit, dass ein neuer roter Oktober auch die gegenwärtige Autokratie eines Tages hinwegfegen wird. Wenngleich sie dies nun nicht mehr erleben kann, so hat sie mitgeholfen, den Boden hierfür zu bereiten. Ihre Prinzipienfestigkeit, ihr Mut und ihre Entschlossenheit mögen den Revolutionärinnen und Revolutionären von morgen ein Beispiel sein.