Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan entschied sich für eine Umwidmung der 532–537 als christliche Kirche errichteten Hagia Sophia von einem Museum in eine Moschee. Die KP der Türkei und die KP Griechenlands verurteilen diesen Beschluss.
Istanbul. Nachdem der Status der Hagia Sophia (Ἁγία Σοφία/Ayasofya, d.h. „Heilige Weisheit“) als Weltkulturerbe durch ein türkisches Gericht aufgehoben worden ist, hat die Erdoğan-Regierung beschlossen, das spätantike Gebäude von einem Museum in eine Moschee umzuwandeln. Die Hagia Sophia wurde im 6. Jahrhundert nach Beginn unserer Zeitrechnung erbaut und erlangte vor allem zur Zeit des Byzantinischen Reiches besondere Bedeutung als christlich-orthodoxe Hauptkathedrale. Nach der osmanischen Eroberung Konstantinopels – der frühere bzw. griechische Name Istanbuls – im Jahr 1453 kam es zur erstmaligen Umgestaltung in eine Moschee, wobei ihr auch vier Minarette beigestellt wurden. 1934 initiierte der damalige türkische Präsident Kemal Atatürk die Umwidmung in ein Museum. Diese Entscheidung wurde nun revidiert.
TKP: Gemeinsamer Kampf gegen reaktionäre und kapitalistische Politik
Die Kommunistische Partei der Türkei (Türkiye Komünist Partisi, TKP) drückte in einer kürzlich erschienen Erklärung nicht nur ihre völlige Ablehnung dieser reaktionären Entscheidung aus, sondern analysierte auch den tieferen politischen Hintergrund. So hat schon die faschistische Partei İYİP, die immer wieder Allianzen mit der sozialdemokratischen CHP eingeht, diesen Antrag eingebracht. Neben sozialdemokratischen Vertretern wie dem ehemaligen Präsidentschaftskandidaten der CHP, Muharrem İnce, und Bürgermeistern größerer Städte haben auch einige Parlamentsabgeordneten der HDP ihre Begeisterung kundgetan, bald unter dem Dach der Hagia Sophia zu beten. Die HDP, assoziiertes Mitglied der Sozialdemokratischen Internationale (SI), genießt vor allem in kurdisch bewohnten Regionen der Türkei Unterstützung und wird auch im Ausland als linksprogressive Partei betrachtet.
Mit diesem Schritt hat die Erdogan-Regierung den Beschluss des türkischen Parlaments von 1934, die Hagia Sophia in ein Museum zu verwandeln, ohne ernsthafte parlamentarische Diskussion aufgehoben und damit auch progressive Werte der Republik von 1923 ad absurdum geführt, nämlich Aufklärung, Säkularisierung und Modernität. Diese Entscheidung wird in einer Zeit massiver ökonomischer Verschlechterungen für die türkische Arbeiterklasse und breite Volksschichten getroffen, um durch nationalistische und religiöse Spaltungsversuche die Massen von gefährlichen Entwicklungen abzulenken. Die TKP streicht hier vor allem die extreme Verschuldung des türkischen Staates und die militärische Aggression gegen Syrien, den neuerlichen Angriffskrieg auf Libyen sowie militärische Provokationen gegenüber Griechenland hervor. Gleichzeitig befindet sich die türkische Regierung aber in einem Dilemma, denn trotz ihres Kriegskurses ist sie in vielerlei Hinsicht stark von ihren NATO-Partnern, wie den USA, aber auch von der EU abhängig.
Die Kapitalisten haben, auch vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie und von Arbeitsunfällen, wie einer tödlichen Explosion in einem Betrieb für Feuerwerkskörper, auf die Religion gesetzt, um die gerechtfertigte Wut der Arbeiterinnen und Arbeiter zu dämpfen. Die TKP resümiert daher, dass letztlich der wahre Kampf in Türkei jener zwischen der Arbeiterklasse und der Kapitalistenklasse ist, aber auch zwischen Säkularismus und Reaktion. Die AKP hat in den letzten Jahren in praktisch jeder öffentlichen und staatlichen Institution islamistische Werte durchgesetzt, und dies gilt es zu bekämpfen. Letztlich müssen Kommunistinnen und Kommunisten auf der ganzen Welt diese Entscheidung und das bürgerlich-reaktionäre Denken dahinter auf das Schärfste verurteilen.
KKE: Spalterische und aggressive Politik der Türkei im Dienste des Imperialismus
Auch die Kommunistische Partei Griechenlands (Κομμουνιστικό Κόμμα Ελλάδας, KKE) verurteilt diesen Schritt der Erdoğan-Regierung. Das Pressebüro des Zentralkomitees der KKE erklärte am Freitag, dass die Umwandlung der Hagia Sophia in eine Moschee letztlich nicht nur dieses historisch wichtige Bauwerk entehrt, sondern ein Element in der Strategie des türkischen Staates in der Region darstellt, welche von der NATO, den USA und der EU mitgetragen werde. Der Generalsekretär der KKE, Dimitris Koutsoumbas, bekräftigte in einem Statement diesen Punkt und warnte davor, dass diese Entscheidung ein Beweis für die eskalierende Aggression des türkischen Staates ist. Sie verschärft die religiöse und nationalistische Hetze, was von den Herrschenden genutzt wird, um die Völker zu spalten.
Quellen: SoL International / 902.gr [1] / 902.gr [2]