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ATB Spielberg: „Wer kämpft, kann verlieren, wer nicht kämpft, hat schon verloren“

Der private chinesische Wolong-Konzern hat sich im Insolvenzverfahren von ATB Spielberg quasi selbst billig die Maschinen abgekauft und die Gläubiger mit einer 30-Prozent-Quote befriedigt. Am Montag soll der Abbau der Maschinen beginnen. PdA-Vorsitzender Tibor Zenker ermuntert die Belegschaft zum Widerstand: „Wer kämpft, kann verlieren, wer nicht kämpft, hat schon verloren.“

Spielberg/Leoben. Das Landesgericht Leoben hat der Wiener ATB AG den Zuschlag für den Maschinenpark der ATB GmbH im steirischen Spielberg erteilt. Damit kann die chinesische Wolong-Gruppe, die Eigentümerin sowohl des insolventen Betriebs als auch der Käuferin ATB AG ist, nun ihre Pläne umsetzen, die Produktion in Spielberg einstellen und die Maschinen auf andere Standorte außerhalb Österreichs verteilen. 360 von 400 Arbeitsplätzen droht nun das Aus, was für die Region eine Katastrophe bedeutet.

Dabei hat der Standort Spielberg schon eine wechselvolle Geschichte hinter sich. Nach dem Niedergang der Bauknecht-Gruppe ging das Werk 2001 an den „Sanierer“ Mirko Kovats, der mit seiner A‑Tec-Gruppe den heutigen Konzern durch Fusionen und Übernahmen formte. 2011 umfasste ATB 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an neun Standorten in ganz Europa. In diesem Jahr schlitterte die A‑Tec-Gruppe in die Insolvenz und ATB wurde vom Masseverwalter an den privaten chinesischen Konzern Wolong, ein laut Alteigentümer Mirko Kovats „intransparenter hochverschuldeter Immobilien-Mischkonzern“, verkauft. 

Standorte heruntergewirtschaftet, um Produktion zu verlagern

Die Gewerkschafter in der BRD kennen die Methoden des Wolong-Konzerns bereits zur Genüge: Der Standort Mönchengladbach wurde geschlossen, und in Welzheim lief 2016 ein ähnliches Drehbuch ab wie in Spielberg 2020. Erst wird der Standort ausgehungert, notwendige Investitionen werden vernachlässigt, die Produktionsmaschinen nicht modernisiert oder erneuert. ATB-Arbeiterbetriebsratsvorsitzender Leitner ist der Meinung, dass die Situation „nicht erst heute oder vor ein paar Monaten entstanden ist. Auf diesen Tag hat man seit einigen Jahren hingearbeitet“, wie er Ende Juli dem SPÖ-nahen Magazin kontrast​.at sagte. Eine eher dümmliche Meldung kam vom studierten Ökonomen und Vizekanzler Werner Kogler: „Hier geht es wohl um Gewinnmaximierung“. Als ginge es im Kapitalismus jemals um etwas Anderes.

Montag startet Maschinenabbau

Der Wolong-Konzern hat das Ganze schlau eingefädelt: Ähnlich wie bereits 2016 im deutschen Welzheim wurde beim Insolvenzgericht ein Antrag auf ein Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung gestellt. Selbstredend sind die Standorte eigenständige GmbHs. Der Mutterkonzern bietet im Sanierungsverfahren den Gläubigern eine Quote von 30% an (die bei einem Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung die Mindestquote ist) und löst damit den Maschinenpark aus der Masse heraus. So hat man die Verbindlichkeiten auf einem sehr günstigen Weg bereinigt und kann die Maschinen wegbringen. Bereits am kommenden Montag soll der Maschinenpark in die Wolong-Werke in Polen und Serbien verlegt werden. Eine kleine Abteilung für Forschung und Entwicklung sowie Vertrieb soll in Spielberg verbleiben. 360 der 400 Mitarbeiter sind bereits zur Kündigung angemeldet.

Gewerkschaft und AK als hilflose „Investorenscouts“

Als hilflose Investorenscouts betätigen sich inzwischen die Gewerkschaft PRO-GE und die Arbeiterkammer. Sie werden gegen die Entscheidung des Leobener Konkursgerichts Rekurs beim Oberlandesgericht einlegen, und hoffen noch auf einen Investor, der den Standort übernimmt und weiterführt. Bisherige Investoren wurden von den Gläubigern mangels Finanzierungszusagen abgelehnt. Die Sprecherin der ATB ist sicher, dass dem Rekurs keine aufschiebende Wirkung zukommt und der Abtransport der Maschinen wie geplant am Montag starten wird. 

Einschüchterungsversuch, um Kampfmaßnahmen zu verhindern

Bedenken, dass es am Montag zu Konflikten mit der Belegschaft kommen könnte, habe Wolong nicht. „Betriebsratsvorsitzender Leitner hat die ursprüngliche Ankündigung, man werde sich anketten, ohnehin schon zurückgenommen. Das wäre ja ein Entlassungsgrund und klarer Rechtsbruch. Das will niemand“, sagte die für die Wolong-Kommunikation zuständige Sabine Schnabel, CEO der Agentur BSH Advisors, im Gespräch mit der Tageszeitung Standard. Abgesehen davon, dass das von BRV Leitner selbst noch nicht zu hören war, ist das natürlich ein Einschüchterungsversuch gegenüber der Belegschaft, denn selbstverständlich hätten die Beschäftigten beispielsweise das Recht, in einer Betriebsversammlung einen Streik zu beschließen und diesen auch durchzuführen, so dass kein LKW ins Werk hinein oder aus diesem hinaus kommt.

Lösung wäre Verstaatlichung oder Selbstverwaltung der Belegschaft

Vor einigen Tagen fand eine Sondersitzung des Spielberger Gemeinderates statt, in dem alle Fraktionen eine Resolution für den Erhalt des Standortes beschlossen. KPÖ-Gemeinderat Erich Wilding war das zu wenig, er stellte einen Zusatzantrag auf Übernahme des Betriebs durch die öffentliche Hand. Dieser Antrag wurde von den anderen Fraktionen im Gemeinderat abgelehnt.

Die Belegschaft sollte aber vielleicht anderen Beispielen folgen und ihr Schicksal selbst übernehmen. Sie hat das Wissen und die Erfahrung, den Betrieb auch ohne Investoren und Spekulanten zu führen, nämlich in Selbstverwaltung. Eine solche Lösung wäre aber nur durch entschlossene Kampfmaßnahmen wie Streik oder Betriebsbesetzung möglich, und vor solchen Aktionen machen die Arbeiteraristokraten von AK und Gewerkschaft schon in die Hose, wenn sie nur daran denken. Viel lieber spielen sie sinnloserweise Investorenscout. Vom ursprünglich angekündigten Anketten an die Maschinen ist keine Rede mehr, ja es ist sogar fraglich, ob seitens der Gewerkschaft PRO-GE und des Betriebsrates überhaupt irgendwelche Kampfmaßnahmen gegen das endgültige Aus für die Produktion geplant sind.

PdA: „Wer kämpft, kann verlieren, wer nicht kämpft, hat schon verloren“

Der Vorsitzende der Partei der Arbeit (PdA), Tibor Zenker, drückt im Namen seiner Partei die „volle Solidarität mit den Beschäftigten und ihren Familien“ aus. „Es bestätigt sich wieder einmal, dass auf die Hilfe von Arbeiteraristokraten aus Gewerkschaft und AK nicht zu zählen ist. Sie werden vielleicht bessere Bedingungen für die Gekündigten erreichen, aber die Arbeitsplätze sind weg“, so der PdA-Vorsitzende weiter. „Die Belegschaft wäre gut beraten, wenn sie ihr Schicksal selbst in die Hand nimmt. Wer kämpft, kann verlieren, wer nicht kämpft, hat schon verloren“, so Zenker abschließend.

Quellen: MSN/Kurier/KPÖ-Stmk./Stuttgarter Zeitung/kontrast​.at/APA-OTS/A‑Tec/der standard​.at

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