Wien. Am Montag gehen die Kollektivvertragsverhandlungen für die rund 450.000 Handelsbeschäftigten in die dritte Runde. Während die Arbeitgeberseite versucht, die Löhne weiter nach unten zu drücken, zeigt ein neuer Blick in den Arbeitsklimaindex der Arbeiterkammer Oberösterreich deutlich: Der Handel ist eine Branche, in der die Beschäftigten systematisch ausgebeutet werden.
Einzelhandel: Rekordprofite – aber die Beschäftigten rutschen ab
Nach den Corona-Jahren ist das Arbeitsklima in den meisten Branchen leicht gestiegen. Nur im Handel geht die Kurve wieder nach unten. Während sich anderswo die Zufriedenheit stabilisiert, fühlen sich Handelsbeschäftigte zunehmend abgehängt – und das aus gutem Grund. Laut Arbeitsklimaindex ist nur jede und jeder zweite Beschäftigte im Handel mit dem Einkommen zufrieden. In allen anderen Branchen sind es sechs von zehn. Diese Unzufriedenheit fällt nicht vom Himmel. Sie ist das direkte Resultat einer Politik, die Profite schützt und Beschäftigte opfert.
Hohe Berufszufriedenheit – niedrige Einkommen: die Falle der „Berufung“
Untersuchungen zeigen: Viele Handelsbeschäftigte mögen ihre Arbeit – aber sie können von ihr nicht leben.
Ihre Berufszufriedenheit trifft auf katastrophale Einkommenszufriedenheit, kombiniert mit einem geringen sozialen Status.
Mehr als ein Viertel der Befragten denkt daran, den Beruf oder sogar die Branche zu verlassen. Das ist kein individuelles Problem, sondern ein strukturelles: Wenn Menschen einen Beruf gerne ausüben, ihn aber nicht mehr finanziell tragen können, dann ist das nichts anderes als kapitalistische Zerstörung von Arbeitskraft.
Niedriglöhne – und Frauen besonders hart getroffen
Die Einkommen im Lebensmittelhandel sind nicht armutsfest. 32 Prozent der Beschäftigten arbeiten im Niedriglohnsbereich, im Vergleich sind im Durchschnitt auf dem Gesamtarbeitsmarkt 14 Prozent im Niedriglohnsbereich beschäftigt.
Frauen in Handel sind besonders betroffen. Das durchschnittliche Bruttojahreseinkommen Betrug 2023 bei ganzjähriger Vollzeitbeschäftigung im Lebensmitteleinzelhandel 34.178 Euro bei Frauen, bei Männern 38,781 Euro.
Zum Vergleich die Durchschnittswerte über alle Branchen liebt für Frauen bei 47.154 Euro und bei Männern bei 53.694 Euro. Damit liegt der Lebensmitteleinzelhandel im Vergleich über 10.000 Euro pro Jahr zurück – ein Unterschied, der sich durch politisch gewollte MD durch-gesetzt Lohndrückerei erklären lässt.
Die Branche ist mit 67 Prozent Frauenanteil eine der weiblichsten des Landes. Was hier passiert, kann auch ein Angriff auf die ökonomische Unabhängigkeit von Frauen interpretiert werden.
KV-Verhandlungen: Ein Angebot unter Inflationsniveau ist nichts anderes als eine Lohnkürzung
Die zweite Verhandlungsrunde am vergangenen Donnerstag zeigte, das der sozialpartnerschaftliche Kompromiss eigentlich nicht weit entfernt, aber die Fronten werden als verhärtet inszeniert. Bei der Verhandlungen in der vergangen Woche boten die Arbeitgeber bieten +2,25 Prozent an und die Gewerkschaftsführung fordert +2,9 Prozent, kam zu keiner Einigung, denn um einen Reallohnverlust zu Verkaufen muss sich die Gewerkschaftsführung in einem ersten Schritt als kämpferisch inszenieren. Hierdurch wird der Unmut der Beschäftigten zu kanalisiert und so potential für ernsthafte Kämpfe gegen die widrigen Bedingungen abgewandt.
Und auch das Gewerkschaftsangebot bedeutet nur, dass die Inflation ausgeglichen wird – mehr nicht. Für eine Branche, die seit Jahren die niedrigsten Löhne, den höchsten Stress und die größte Fluktuation trägt, wäre selbst ein Abschluss über dem Inflationsniveau kein „Bonus“, sondern eine kaum eine Minimalreparation. Der Handel ist eine Branche, die in der Pandemie enorme Umsätze verzeichnete. Die Beschäftigten standen an den Kassen, im Kühlregal, im Lager – während Konzerne wie Spar, Rewe oder Hofer Rekordgewinne meldeten. Der Niedriglohnsektor im Handel ist kein Unfall, sondern Teil eines Systems, das die arbeitende Bevölkerung klein hält, während die Kapitaleinkommen steigen , da wird auch wird die Verwaltung des Systems durch die Sozialpartnerschaft keine Abhilfe schaffen.
Quelle: Die Presse















































































