In den Bundesländern Niederösterreich, Oberösterreich und Steiermark droht der Personalnotstand in den Spitälern. Aus Wien hörte man ähnliches bereits vorige Woche. Schuld sind nicht nur gehäufte Erkrankungen von Mitarbeitern, sondern auch die jahrelang gepflegte neoliberale Praxis, den Personalstand so niedrig wie möglich zu halten.
St. Pölten/Linz/Graz. Mit Stand 17. November werden in Niederösterreich 582 CoViD-19-Patienten auf Normal- und 79 auf Intensivstationen betreut. Bereits 273 Spitalsmitarbeiter sind an CoViD-19 erkrankt. „Das ist bald nicht mehr lustig“, fasst Betriebsratsvorsitzender Wolfgang Schrefl die Situation am UK St. Pölten gegenüber der Wochenzeitung NÖN zusammen. In den Zwölf-Stunden-Schichten wird die FFP2-Maske nur selten abgenommen. Die Schutzausrüstung muss ebenfalls genau sitzen. „Die Leute schwitzen darunter schon enorm. Das ist beinharte Arbeit, die das Pflegepersonal auf der Intensivstation leisten muss, und das mit eingeschränkter Atmung“, sagt Schrefl.
Für ihn sei das St. Pöltner Spital bald an der Kapazitätsgrenze angelangt. „Wenn die Infektionszahlen nicht bald zurückgehen, sehe ich schwarz.“ Das Problem sei nicht, ein Intensivbett aufzustellen, sondern der entscheidende Faktor sei hier auch das Personal, das genau geschult sein muss. Die Personaldecke wurde in den vergangenen Jahren etwas ausgedünnt, und das würde jetzt in der Krisensituation zu Problemen führen, so Schrefl.
Lage in allen niederösterreichischen Kliniken „sehr angespannt“
Auch Peter Maschat, Vorsitzender des Zentralbetriebsrats der niederösterreichischen Gesundheits- und Pflegezentren, sieht das Universitätsklinikum als größtes Klinikum und Zentralkrankenhaus aufgrund des enormen Leistungsspektrums besonders betroffen. „Wir brauchen spürbare Entlastungen für die Kollegenschaft, wir brauchen zusätzliche Arbeitskräfte im Bereich der Ärzte und Pflege“, schlägt Maschat in dieselbe Kerbe wie Schrefl. Die angespannte Personalsituation im Klinikum in St. Pölten ist kein Einzelfall: Die Lage sei in allen Landes- und Universitätskliniken „sehr angespannt“, sagt Maschat.
Nach Wien will jetzt auch Niederösterreich auf ehemalige Mitarbeiter zurückgreifen, wenn vermehrt Beschäftigte kurzfristig ausfallen.
Oberösterreich fürchtet verstärkte Ausfälle von Krankenhaus-Beschäftigten
In Oberösterreichs Krankenhäusern werden 982 Infizierte betreut, 133 davon in Intensivstationen, so die Statistik des Krisenstabes OÖ (Stand 18.11.).
Mit dem noch möglichen Ausbau der Bettenanzahl auf insgesamt 350 Intensivbetten dürfte aber das Auslangen gefunden werden, sagte Karl-Heinz Stadlbauer, Leiter der Anästhesie und Intensivmedizin am Salzkammergutklinikum und designierte ärztliche Leiter des Kepler-Uniklinikums im Interview mit dem ORF OÖ: „Aus derzeitiger Sicht gehen wir davon aus, aber wir wissen ja nie genau wie sich die Zahlen 100-prozentig entwickeln“, daher gebe es bereits erste Pläne, wie es bei steigenden Fallzahlen weitergehen könnte. Dass sich die Bundesländer gegenseitig helfen, sei ebenfalls ein Punkt des Planes.
Die große Unbekannte ist aber: wie viele Mitarbeiter fallen in den nächsten Wochen aus, weil sie selbst erkrankt sind oder in Quarantäne müssten. Das sei sicher ein limitierender Faktor, aber da helfe nur eine gute Zusammenarbeit unter den Häusern, „aber ich denke schon, dass wir tunlichst aufpassen müssen, dass wir sehr schonend mit unseren Ressourcen umgehen und diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter so es geht auch zu schonen – auch wenn jetzt diese kritische Phase auf uns zukommt“, so Stadlbauer.
Steiermark: Personal wird virusbedingt knapp
Auch in den steirischen Spitälern wird das Personal langsam knapp: Von 18.000 KAGes-Mitarbeitern in Voll- und Teilzeit seien derzeit 1.150 im „Normalkrankenstand“ und 358 wegen des Coronavirus abgesondert, heißt es – so fallen bei der KAGes momentan 37 Ärzte sowie 146 Leute vom Pflegepersonal wegen einer Coronavirus-Infektion aus. 175 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren mit Stand Mittwoch als Kontaktpersonen abgesondert und können ebenfalls nicht zur Arbeit.
Auch bei den benötigten Betten für Coronavirus-Fälle blieb die Anzahl weiter hoch: 618 Menschen mit einer Covid-Infektion wurden bis Mittwochmittag in einem steirischen Spital medizinisch behandelt, 105 davon auf einer Intensivstation.
Jetzt wäre es wichtig, zusätzliche Kräfte aufzunehmen und auszubilden und so den Personalnotstand langfristig zu lösen. Deutlich in die Schranken gehören all jene Politiker gewiesen, die uns noch bis vor kurzem erzählten, im Gesundheitswesen müsse unbedingt noch mehr eingespart werden.
Quelle: NÖN/ooe.orf.at/steiermark.orf.at